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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 2) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5485#0032

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26

Jen haben! Ein ernsthafter Bn'le hat eine Gmtice, ein mnlhwilli-
ger Franzose irgend ein Bequemlichlceitsgcrcilli in dein Rutzzimmer
einer schonen Frau seine Schicksale erzählen lassen. Der Graf
Caylus, wie uns sein Biograph versichert, hatte sieh vorgenom-
men den Lebenslauf einer dreimal begrabenen, dreimal wieder
anferweckten und ans Schutt und Trümmern wieder hervorgerufe-
nen Herculanischen Slalne zu beschreiben und auch diese dreimal
Belebte redend einzuführen.

"Was würden z. B. unsere schönen Hereulaiieriniien uns in
diesem Falle- zu berichten haben ? Was würdfen^ um bei dem
Nächsten in unserem Gesichtskreis stehen zu bleiben, diese zwei
am Eingang Wache haltenden Löwen aus ägyptischem. Syenit,
würde ihueu, wie in der arabischen Wundersage den Löwen am
Throne Saloinon's, die Sprache verliehen, uns Alles vorzuspre-
chen wissen, welche Wnndersageu von ihrer Gehurt, wo sie in
den Steinbrüchen am rothen Meer vor 3000 Jahren mit einem
Kunstverstand ansgehaueu wurden, wozu vielleicht jetzt cur in St*
Petersburg die Werkzeuge und Kunstgriffe noch bekannt sind;
von ihrer kräftigen Jugend, v.o sie als gereihte und bchaubte
Tempelhüter vor irgend einem Tempel, dessen Ricsentrümmer in
Oberiigjpten zu Luxor und Carnak noch jetzt mit Erstaunen er-
füllen,' jedem "Eintretenden ' ein " Sinnbild! des alleriiährcnilen INil-
stroms wurden; von ihren Wanderungen, wie. sie zuerst unter den
Lagiden nach Alexandria und von da in Begleitung der Obelis-
ken an die Tiber entführt wurden , wo. sie .vielleicht -das! Mausoi
lenm Angnst's auf dem Marsfelde bewachten, dann Jahrhunderte
lang unter den Schutthaufen der -zertrümmerten Roma raslelen,
hierauf wiedererweckt in den Palast des Prinzen Ghigi einwander-
ten, endlich aher mit allen Kunstschälzen jenes Palastes üher die
Alpen bis in das Land der friedlichen Hyperboreer pilgerten, um
hier die ernsten Thorwäehler unseres Kunslschalzes und , von ei-
nem Dresdener Bildhauer verständig nachgeahmt, die stummen
Wächter einer Freitreppe zu werden , die Dresdens Bewohner an
den Zeitpunkt erinnern soll, wo iiineu, um alle Unlust und die
schmerzlichsten Entbehrungen der Gegenwart in Vergessenheit zu
bringen, ein n.'iier Lustweg geöffnet wurde n).

Doch diefs Alles hat auch eine sehr ernsthafte Seile. Wie
jammervoll ist die Verstümmelung dieser Marmorhilder, wie zweck-
widrig ihre will! - uud geschmacklose Aufhäufung, wie 'schmählich
ihre Gefangenschaft in -diesen Gegenden, wo alles ■Kuiiststmlium
am Ende d.ch nur eine exotische . Treibhauspflanze ist! Was
könnten • sie also, diese redenden Marmors, Anderes .aushauchen
als eine Jammerklage. Denn, sprechen wir es nur gerade heraus,
-was sind alle unsere Bildergaleriecii, Kunst- und Antikeiisamm-
luii"eii, selbst die. gesehiiüieklwjlen und reichsten nicht ausgenom-
men, Anderes als ein Nothbehelf zur Aufbewahrung und Erhaltung
 
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