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VIII.

Ein Blick auf die Karle lehrf, daß Kreta dazu verurteilt war, in Abhängigkeit
vom Festlande zu kommen, wenn es nicht selbst die Zügel der Herrschaft
an sich riß. Das minoische Kreta war verhältnismäßig dicht bevölkert und
darum auf Ausbreitung durch die Schiffahrt angewiesen. Den Weg zeigte ihm
der Inselgürtel, der sich einerseits nach dem griechischen Festlande und von
da der Westküste entlang nach Unteritalien, Sizilien und Malta zieht und der
andererseits die Verbindung mit Kleinasien und den Küstenstrichen um das
Ägäische Meer herstellt. An der kleinasiatischen Südküste hin ging die Fahrt
nach Cypern, Palästina und schließlich nach Ägypten und Afrika. Afrikanische
Produkte, darunter hauptsächlich das Elfenbein, tauchen schon früh in Kreta
auf. Die vielen Elfenbeinarbeiten lassen vermuten, daß ein direkter Handels-
verkehr mit Afrika unter Ausschluß von Ägypten zustande kam. Vereinzelte
Darstellungen von Negern in der kretischen Kunst mögen dadurch hervor-
gerufen sein. Die Kykladen und Malta standen wohl schon vor Kretas wirt-
schaftlichem Aufschwung mit Afrika in Verbindung.

Immerhin sind Ägypten, Cypern, die ägäischen Inseln, das griechische Fest-
land, Unteritalien, Sizilien und Malta das wichtigste Absatzgebiet für kretische
Waren geblieben. Beziehungen zu Mittel- und Norditalien wie zu Spanien,
den Balearen und den Inseln im tyrrhenischen Meere sind zwar vorhanden,
wurden aber wohl nur durch Vermittlung stammverwandter Völker aufge-
nommen.

Kreta mag zeitweilig in seinem Bereich eine Art von Handelsmonopol
ausgeübt haben. Nur so erklärt sich der sagenhafte Ruhm des meerbeherr-
schenden Kreta und seines Königs Minos. Gleichfalls haben jedoch die Insel-
völker, die sich der Tracht nach von den Bewohnern Kretas unterschieden,
und vor allem Cypern einen wesentlichen Anteil am Handel im Mittelmeer-
becken gehabt. Die Inseln lieferten vornehmlich wertvolle Steinarten, darunter
den Obsidian. Von Cypern kam das überall begehrte Kupfer und die Erzeug-
nisse des ferneren Ostens. Kretas Luxuskunstgewerbe stellte seinen Kauf-
leuten buntbemalte Gefäße, eingelegte Prunkwaffen und köstliche Elfenbein-
schnitzereien zur Verfügung. Die Erzeugnisse der kretischen Landwirtschaft
und Viehzucht waren ebenso gesucht wie geschätzt. In den Speichern kretischer
Handelsherren häufte sich auch Gut aus fremden Ländern, das dem Handel
wieder zugeführt wurde. Vor allem Rohmetalle jeder Art, auf Kreta in
charakteristische Barren gegossen und mit Marken versehen, und Edelsteine.
Wie ausgedehnt die Handelswege waren, mag die Tatsache beleuchten, daß
Bernstein von der Ostseeküste nach Kreta kam und daß kretische Vasen über
1300 km nilaufwärts in Nubien gefunden worden sind.

Ein ausgearbeitetes Münz- und Gewichtssystem, das man allerdings noch
nicht genau kennt, machte neben einer bald kursiv gewordenen Schrift den
Handel erst in weiterem Umfange möglich. Als Geschäftssprache mag wie
 
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