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Brugsch, Heinrich
Reise nach der grossen Oase El Khargeh in der libyschen Wüste: Beschreibung ihrer Denkmäler — Leipzig, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.3991#0017
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herbei, sichtlich verwundert über die stattliche Karawane, die auf einem sandigen mit Wüsten-
dorn besetzten Landstücke, in der Nähe einer Wasserrinne, unter den Strahlen einer heiss
brennenden Sonne auf kurze Zeit der Rast und Erholung pflog. Es fiel mir bei dieser Gelegen-
heit auf, dass die Kameele nach fünftägigem Wassermangel das fliessende Wasser der Rinn-
sale durchaus nicht mit besonders wahrnehmbarem Behagen einschlürften, im Gegentlieil die
Mehrzahl der Thiere mit Gewalt von den Führern zur Löschung ihres Durstes zur Tränke
getrieben werden musste.

Nach halbstündigem Verweilen setzte sich die Karawane von Neuem in Bewegung, um das
Endziel der Reise, die Stadt El Khargeh, den Hauptort der grossen Oase, zu erreichen.
Den Führer au der Spitze schlugen wir die Richtung nach Südwest ein. Der zurückgelegte
Weg trug vollständig den Charakter einer unfruchtbaren Sandwüste, deren äusserste Ränder
nach Süden hin sich in schimmernde Luftspiegelungen auflösten. Man hätte meinen sollen,
grosse Seen mit Baumwuchs an den Ufern vor sich zu haben. Nach etwa vierstündigem
Marsche, bei stets brennend heissem Sonnenschein, zeigten sich in der Ferne die dunkel
gefärbten Umrisse hoch gelegener Ruinen, unter denen sich vor allen die Trümmer des wenig
malerischen Tempels von Nadurah (aus römischer Zeit) bemerkbar machten. Der letztere
blieb rechter Hand liegen und bald zeigte ein üppiger saftgrüner Palraenwald, welcher sich
hinter unglaublichen, vom Flugsand zusammengewehten Hügeln zeigte, die Lage unseres er-
sehnten Reisezieles El-Khargeh an.

Allmählig tauchten einzelne Gebäude dieses Ortes hinter den Stadtmauern hervor, die aus
getrockneten Lehmziegeln erbaut, durch die davor abgelagerten Sandmassen von aussen fast
unsichtbar geworden sind. Vor dem Eingange zum Orte schien ein stets wachsender Zulauf
von Eingeborenen statt zu finden, welche sich in langsamen Schritten der Karawane näherten,
an ihrer Spitze ein graubärtiger Alter in der Tracht eines äg\Tptischen Effendi. Endlich standen
wir uns gegenüber. Wir stiegen von unseren Kameelen nieder und die gegenseitigen
Begrüssungeu begannen mit aller Förmlichkeit der morgenländischen Sitte. Der freundlich
schmunzelnde Alte war niemand anders als der langjährige Ha kirn oder Gouverneur der Oase,
Mohammed Effendi, dessen Name und Würde mir bereits aus den Erzählungen meines
verehrten Freundes Dr. Schweinfurth in frischem Andenken stand. Ihm zur Seite schritt,
in dunkle Tracht gehüllt, mit blauschwarzem Turban auf dem Haupte, der unvermeidliche
Kätib oder Schreiber der Regierung. Schon die Tracht allein hätte hingereicht, in ihm sofort
einen christlichen Kopten und Epigonen des alten Pharaonenvolkes erkennen zu lassen, obgleich
sein Aeusseres durchaus nicht den Vorbildern seiner Ahnen entsprach. Dürr, hager, schmal-
bäckig, dazu einäugig, hatte der Kätib durchaus nichts besonders Einnehmendes für sich.
Mohammed Effendi schien dies herauszufühlen, denn er stellte seiuen Herrn Secretär als
Einen vor, der die Ehre hätte, unser einziger in der Oase lebende Glaubensgenosse, einNazarener
(Nusräni d. i. Christ) zu sein. Die gegenseitigen ßegrüssungen und Handreichungen hatten
endlich ihr Ende erreicht und wir näherten uns nunmehr dem für uns bestimmten Quartiere
ausserhalb des Ortes. Es war ein von einer Mauer umhegter Palmengarten, ohne jede Spur
einer sonstigen Baulichkeit, in dessen Nähe ein schmutziger Wassertümpel gelegen war. Bald
waren die Zelte unter niedrigen Palmenbäumen aufgeschlagen, die Lagerstätten hergerichtet,
die Kameele abgeladen und ausgepackt, was die wandernde Küche und Keller noch au Vor-
räthen enthielt. Mohammed Effendi war liebenswürdig genug gewesen, uns die Verkäufer
von Hühnern, Truthähnen und Eiern zuzusenden. Die lauten Reden des Koches bewiesen zur
Genüge, dass es die Oasiten verstanden, den seltenen fremden Gästen hohe Preise für ihre
Waare abzufordern. Zu deu Verkäufern gesellte sich nach und nach eine Schaar siecher und
 
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