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Buchwald, Conrad; Vries, Adriaen de [Ill.]
Adriaen de Vries — Beiträge zur Kunstgeschichte, N.F., 25: Leipzig, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.21979#0025
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— II —

rührt sein wollen. Nicht als ob er die Gestalten Michangelos volks-
tümlich gemacht hätte. Für das Volk arbeiteten zu seiner Zeit ver-
schwindend wenige Künstler. Die Kunstpflege ruhte bei den Mächtigen
und Reichen, die ihre Wohnungen im Leben und nach dem Tode mit
Bildwerken zu schmücken suchten. Der Schmuck, die dekorative
Wirkung der Kunstwerke war die Hauptsache, nicht ihr geistiger
Gehalt. Und gerade das, die Formensprache der hohen Kunst
Michelangelos gewissermassen für das Kunstgewerbe nutzbar zu
machen, den lapidaren Stil des genialen Historikers in den gefälligen
Ton des graziösen Plauderers zu übersetzen, hat Giovanni da Bologna
zuerst und am besten verstanden. Den Geschmack seiner Zeitge-
nossen hatte er damit gut getroffen: er erinnerte an Michelangelo und
war doch ein Neuerer.

Dadurch aber, dass er bei seinen hohen Gönnern mit seinen
Werken Anklang und Gefallen fand, erwarb er sich auch die Gunst
weiterer Kreise. Die grosse Wirkung, die sein Merkur auf dem
Windstoss ausgeübt hat, lässt sich deutlich verfolgen an den mehr
oder weniger freien Nachbildungen dieser Bronze; ihre Zahl ist heute
noch übergross, ehedem war sie gewiss Legion. Und wie mit diesem
Werke stand es auch mit anderen von der Hand Giovanni da
Bolognas.

Italien, von der sinkenden Sonne seines Ruhmes beschienen,
war damals ohnehin das gelobte Land der Kunst, das Atelier
Giovanni da Bolognas aber bildete in ihm für die Bildnerkunst den
geweihtesten Bezirk.

Kein Wunder war es also, dass einem so gefeierten und viel
umworbenen Meister Schüler vornehmlich auch aus dessen Geburts-
lande in Menge zuströmten. „Molti furon i Discepoli di Gio. Bo-
logna, che troppo lunga cosa sarebbe il raccontare, ma di questi
il primo, el principale fu Pietro Francavilla Fiammingo, Anzirevelle
Tedesco, Adriano Fiammingo, Antonio Susini, Francesco della
Bella, e Guasparri suo fratello Fiorentini, e finalmente Pietro Tacca
da Carrara".....*)

Unter dieser internationalen Schar, unter italienischen, deutschen,

*) Baldinucci, Notizie (Milano 1811) VIII, 448.
 
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