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154 Kunden von Kunst und Karten

stehung als topographische Illustration verstanden wurde und vermutlich auch
als solche gemeint war.

Im Kontext der Kunstkammer Rudolfs II. bestand der Wert einer solchen
Zeichnung nicht allein darin, daß sie den Stil Roelandt Saverys dokumentierte.
Ihre Bedeutung gewann sie vor allem daraus, daß sie eine Landschaft aus dem
Herrschaftsgebiet des Kaisers darstellte. Der Wasserfall im Gebirge ist hier nur
ein Beispiel. Diese Zeichnung Saverys, wie auch andere Landschaftsdarstellun-
gen, wurden nicht nur als Werke eines bestimmten Künstlers geschätzt, sondern
vielmehr als Chorographien, die übersichtlich und auf einen Blick »die schön-
sten und verwunderlichsten Gebirge und Täler« aus fernen Teilen der Erde zeig-
ten. Das hier offenbar werdende geographische Interesse war die Grundbedin-
gung für die Bildwürdigkeit einer schlichten Naturdarstellung: Damit, daß ein
Landschaftsbild als topographisches Zeugnis und chorographisches Dokument
verstanden wurde, war ihm eine Funktion zugedacht, die den Verzicht auf die
thematisch-figurative Überhöhung rechtfertigte. Die Landschaft konnte so aus
der religiösen Zweckbindung des Altar- oder Andachtsbildes gelöst werden. Da-
mit, daß man aus der Landschaftskunst »einen Nutzen ziehen konnte«, war der
Boden für die Entwicklung einer eigenen Bildgattung bereitet.120 Diesem hier
unterstellten chorographischen Nutzen der Landschaftsbilder des 16. Jahrhun-
derts gilt es im folgenden weiter nachzugehen. Eines darf dabei jedoch nicht
übersehen werden:

Landschaftsdarstellungen waren aber nicht allein nützlich. Vielmehr mag zur
Steigerung ihrer Beliebtheit und zur weiteren Verbreitung der neuen Gattung
die Tatsache nicht unwesentlich beigetragen haben, daß Landschaften hervor-
ragend als Wanddekoration geeignet waren. Gerade topographisch intendierte
Landschaftsbilder hatten nicht allein in den Kunst- und Wunderkammern des
16. Jahrhunderts ihren Platz, sondern erfreuten sich auch bei der dekorativen
Ausstattung von Räumen größter Beliebtheit.

Landschaft als Wandschmuck

Charles de Croy war gerade 35 Jahre alt geworden, als er 1585 das Erbe seines
Vaters antrat.12' Unter seiner Ägide erblühten in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts die Schlösser Beaumont und Heverlee, die Stammsitze der Familie de
Croy, zu einem Zentrum der Künste in den Niederlanden.122 Obschon die rei-
chen Sammlungen heute in alle Winde zerstreut sind, vermag das ausführliche
Inventar, das Charles de Croy um das Jahr 1600 aufstellen ließ, noch heute ei-
nen Eindruck von seiner Sammlung zu vermitteln: Über zweitausend Gemälde
verschiedenster Meister und Schulen hingen auf Heverlee und Beaumont.123
 
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