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Ruskin

II.
Erweckungen. Erste Eindrücke von Italien.
In sein vierzehntes Jahr fällt die erste ,,Er-
weckung“; seine ganze künstlerische Entwickelung be-
ruht auf solchen Tagen von Damaskus.
Es war die erste seiner vielen, im behaglichen
Londoner Wagen unternommenen Reisen auf dem
Festland; natürlich mit den Eltern; aber auch später,
so lange sie lebten, selbst als reifer Mann hat er sich
nur selten von ihnen entfernt, fühlt sich in den engen
„geheiligten“ Alltagsgewohnheiten spiessbürgerlicher
Behaglichkeit am wohlsten. Er blieb in den Mannes-
jahren bei ihnen, „wenn ich auch keine warme oder
dankbare Neigung zu den Eltern empfand, merkte ich
bald, dass ebenso wie ich sie nicht ohne mich leben
konnten, auch mir ohne sie unbehaglich zu Mute
war“ (Pr. II 108).
In Schaffhausen geschah es:
„Die Sonne neigte sich, als wir auf eine Gartenterrasse
kamen, ich glaube, sie war im Westen der Stadt. Sie lag hoch
über dem Rhein und beherrschte das offene Land nach Süden
und Westen zu. Und dieses offene, leicht bewegte, sich im
Blau verlierende Land gemahnte uns an eine Fernsicht in
Worcestershire oder Kent. Dann plötzlich: siehe da! Keiner
von uns hielt sie für Wolken. Sie waren von kristallener
Klarheit am reinen Horizont des Himmels, bereits tönte sie
das Rosenrot der sinkenden Sonne.
Unendlich jenseits von allem, was wir jemals gedacht
und geträumt — nicht die Mauern des verlorenen Edens
hätten uns schöner erscheinen können, nicht erhabener dort
oben die heiligen Mauern des Todes.
 
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