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108

Ruskin

X.
Ruskins Einfluss und Bedeutung.
Ruskins verblüffende Einseitigkeit hat auf das
Zweifelloseste die Wirkung seiner Ermahnungen be-
stärkt.
Wie vereinfacht es die Bildung, wenn man lehrt
und glaubt, dass nur die Bibel, die englischen Klas-
siker und Dante in der Litteratur, dass nur die
französische, englische und italienische Gotik in der
Architektur, dass nur das Tre- und Quattrocento, die
Venetianer, Turner und die Präraphaeliten in der
Kunst einen ernstlichen Wert besitzen. (Die Griechen
schliesst er nicht aus, betont sie jedoch fast immer
nur mit halbem Nachdruck.) Wie unendlich ein-
leuchtender und durchführbarer, als wenn schlichte,
gewissenhafte Menschen eine oberflächliche Kenntnis
der griechischen Plastik des sechsten bis zweiten Jahr-
hunderts, eine ebensolche Kenntnis der italienischen,
deutschen, spanischen, niederländischen, vlämischen,
französischen, englischen, chinesisch-japanischen, skan-
dinavischen, schottischen und amerikanischen Kunst
■für geboten erachten. Dem entsprechend auch in der
Litteratur die allernotwendigsten Kenntnisse bemessen
würden.
Neben dem religiös-ethischen Hebel, sehe ich in
dieser brutalen Vereinfachung das wirksamste Mittel,
durch welche er seine Lehren den grösseren Kreisen
annehmbar machte.
Was ist nun sein Erfolg gewesen? Er ist tief-
schächtig und weitverzweigt. Wie Ruskin die modern-
 
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