58
Ruskin
schlichten Grabdenkmäler der früheren Zeit nur reinen,
frommen Männern bestimmt worden wären, dass nur
solche sie geschaffen hätten, während der hohle,
gotteslästerliche, stolze Pomp der Renaissancedenk-
mäler nur zu Ehren schlechter Atheisten von eben-
solchen Händen errichtet worden wären (Stones II).
Da er wenigstens alte Chroniken las, trägt man
sich, wie er solche „Ungeschichtlichkeit“ in gutem
Glauben niederschreiben konnte. Unwillkürlich trägt
man sich, ob ihm die furchtbare Sittenlosigkeit grade
des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts eine
gänzlich unbekannte Thatsache sei, ob er, der über-
zeugte Protestant, denn im Zeitalter der „gottlosen
Renaissance“ nirgends einen ernsten Reformations-
gedanken, das Erwachen des Gewissens der Völker
gespürt haben solle. Aber er wollte dies alles wohl
nicht sehen; nein, nur in den Zeiten der frommen
Gotik hat es Tüchtigkeit und Glauben gegeben, und
die Kunst versank auf immer als das Volk seinen
Glauben verlor.
VII.
Romantizismus. Nationalökonomie.
Sein späteres Leben.
Kann eine durch Unkenntnis und Vorurteil ge-
trübte Botschaft günstig wirken? Ist viel von roman-
tischen Stimmungsmenschen zu lernen?
Ruskin ist der erklärte Romantiker. Gewiss hat
er die selbstverständliche Wohlfeilheit reaktionärer,
pseudo-poetischer, pittoresker Verklärung der Ver-
Ruskin
schlichten Grabdenkmäler der früheren Zeit nur reinen,
frommen Männern bestimmt worden wären, dass nur
solche sie geschaffen hätten, während der hohle,
gotteslästerliche, stolze Pomp der Renaissancedenk-
mäler nur zu Ehren schlechter Atheisten von eben-
solchen Händen errichtet worden wären (Stones II).
Da er wenigstens alte Chroniken las, trägt man
sich, wie er solche „Ungeschichtlichkeit“ in gutem
Glauben niederschreiben konnte. Unwillkürlich trägt
man sich, ob ihm die furchtbare Sittenlosigkeit grade
des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts eine
gänzlich unbekannte Thatsache sei, ob er, der über-
zeugte Protestant, denn im Zeitalter der „gottlosen
Renaissance“ nirgends einen ernsten Reformations-
gedanken, das Erwachen des Gewissens der Völker
gespürt haben solle. Aber er wollte dies alles wohl
nicht sehen; nein, nur in den Zeiten der frommen
Gotik hat es Tüchtigkeit und Glauben gegeben, und
die Kunst versank auf immer als das Volk seinen
Glauben verlor.
VII.
Romantizismus. Nationalökonomie.
Sein späteres Leben.
Kann eine durch Unkenntnis und Vorurteil ge-
trübte Botschaft günstig wirken? Ist viel von roman-
tischen Stimmungsmenschen zu lernen?
Ruskin ist der erklärte Romantiker. Gewiss hat
er die selbstverständliche Wohlfeilheit reaktionärer,
pseudo-poetischer, pittoresker Verklärung der Ver-