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Modern Painters. Ruskin’s Lehre von Kunst und Moral 17

Kunst. Mit allen Registern seines gewaltigen Instru-
mentes führt er dies Leitmotiv durch:
„Kunst ist Anbetung und Preis“ (M. P. V 362). „Land-
schaftsbilder müssen lehrhaft und gedankenvoll sein“ (M. P. 1418).
„Gott zur Ehre soll man Landschaften malen" (M. P. I XXIII).
„Die grösste Kunst ist die, welche dem Zuschauer die grösste
Anzahl der grössten Gedanken zuführt“ (M. P. I 11). „Ich
halte es für Zeitverschwendung, eine blosse, unbelebte Land-
schaft, wie schön sie auch sei, zu malen, wenn kein geo-
graphisches, wissenschaftliches oder historisches Interesse damit
verbunden ist“ (M. P. V 138).
So ist natürlich auch jede „landschaftliche Photo-
graphie nur ein unterhaltendes Spielzeug“ (Lamps 394).
„Die Fähigkeit, Pflanzen- und Tierschönheit aufzunehmen,
hängt von der treuen Genauigkeit des Herzens in seinem mora-
lischen Urteil ab . . . Bei Tieren sollen wir nicht Raschheit,
Kraft noch Schlauheit suchen, wohl aber Geduld und Güte“
(M. P. II 96). „Endziel aller grossen Kunst ist, dass Ihr Kunst
und Künstler vergesst und nur den Gegenstand liebt und er-
kennt“ (Oxforder Vorträge).
Im allgemeinen trennt man den äusseren und
inneren Kreis von Kunstliebhabern in die, welche der
Gegenstand und in die, welche die Kunst interessiert!
„Angelico, der geistige Schönheit über alles liebt, gehört
in die oberste Reihe. Veronese und Correggio, welche körper-
liche Schönheit leidenschaftlich liebten, in die zweite. Albrecht
Dürer, Rubens und im grossen und ganzen alle nordischen
Künstler, die anscheinend keine Schönheit empfanden und nur
Wahrheit erstrebten, in den dritten Rang“ (M. P. III 34).
Begreiflicherweise kann er ein gutes Bildnis weder
würdigen noch verstehen. Psychologisches Verständ-
nis, das Eindringen in den geheimnisvollen, rätsel-
gebenden Urgrund des nur einmal dagewesenen, nie
wiederkehrenden Einzelwesens, sei es der schlichten!
Hausfrau, des biderben Ratsherrn, oder sei es das un-
vergessliche Aeussere hochdifferenzierter Persönlich-
Ruskin. 2
 
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