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wir aus diesen Urkunden zur Kenntnis, daß die Kleidung nicht nur in
mehreren Grafschaften einheitlich war, sondern daß auch Sommer-,
Winter-, Trauerkleidung usw. in den jeweils verschiedenen Farben vor-
geschrieben waren und getragen wurden. Eine sehr interessante Kleidung
war die vom Grafen Balthasar von Hanau „gegebene", d.h. entworfene
Sommerkleidung des Jahres 1532. Die urkundliche Beschreibung lautet
wörtlich: „ Sommercleydung von dem zweyunddreißigsten jar war
Lederfarb die hauptfarb, der Recht Aermel leibfarb, Himmelblau und
Gelb, diese cleydung hat Grave Balthasar von Hanawe geben."
Die Form dieser Kleidung, die — wie wir gesehen haben — aus
einem rotbraunen Wollstoff bestand, ist sehr charakteristisch. Man trug
noch die enge anliegende Hose, die man in dieser Form aus dem
15. Jahrhundert übernommen hatte, ferner den beliebten „Schoß-
wams", der am Oberkörper — um den guten Sitz des Panzers zu
gewährleisten — eng anliegend gearbeitet war und an der Seite —
in der Regel unter dem linken Arm — zugehakt oder zugenestelt wurde.
Der „Schoß", vielfach in den Urkunden auch „rock" genannt (Abb. 14),
wurde radrund auf Taillenweite geschnitten und am unteren Rande des
Oberteiles angesetzt. Durch die große Unterweite des Rockes kam dann
der glockige Fall zustande. (Abb. 16.) Vielfach war aber auch der Rock
hinten und vorne ausgeschnitten, weil er nicht nur zu Hause, sondern auch
im Sattel getragen wurde. Auf den ersten Blick fallen uns die unförmi-
gen Ärmel auf. Sie verdienten mit Recht ihren Namen „Keulenärmel"
oder „Schinkenärmel". Die Konstruktion dieser Ärmel war nicht einfach.
Abb. 11. Die Winterkleidung des Jahres 1539. Der Ärmel bestand aus dem eigentlichen Oberärmel, der — wie auch die
übrigen Teile des Wamses — meistens aus gutem Wollstoff hergestellt
war, und aus dem farbigen, meistbaumwollenen Futtertuch. Der viel zu
lang gearbeitete Oberärmel wurde bis in Höhe des Ellenbogens gerafft und am Futter festgeheftet, so daß hierdurch
der mächtige „Puff" des Oberürmels entstand, der dann noch durch starke Watteeinlagen in Form gehalten wurde.
Der Unterärmel wurde enger gehalten und mehrfach aufgeschlitzt, um das farbige Futter hervortreten zu lassen.
Der gute Ton verlangte es, daß der rechte Ärmel in abstechender Farbe, der sogen. „Leibfarbe", gearbeitet und in der
Regel mit einer Devise bestickt wurde (Abb. 14,15, und 16). In dieser Zeit wurde auch ein Unterwams getragen, der oben
am Halse hervorschaute und hier zu einem Kragen ausgebildet war. Auch dieser Kragen war geschlitzt und in der Art
des Unterärmels mit farbigem Futter unterlegt (Abb. 14). Als Kopfbedeckung hatte man zwar aus den: 15. Jahr-
hundert eine ganze Anzahl der verschiedensten Hauben und Hüte übernommen, die aber fast alle von dem „Barett"
verdrängt wurden. Seit dem Jahre 1520 war das Barett mit wallenden Hahnen- oder Straußenfedern eine sehr
beliebte Kopfbedeckung. Bauern und Handwerkern blieb dieser Kopfschmuck jedoch versagt. Die Lederhaube, die sich
im 15. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreute, wurde auch im 16. Jahrhundert noch gerne von solchen Männern
getragen, die viel auf der Landstraße liegen mußten. Irgendein findiger Kopf kam dann eines Tages auf den Ein-
fall, die in wärmeren Jahreszeiten sehr lästige Lederhaube mit der Gesichtsöffnung über den Schädel zu stülpen
und die farbigen Halsfransen links oder rechts seitwärts.' als Schmuck im Winde wehen zu lassen (vgl. Abb. 16). An
den Füßen trug man an Stelle der bisher so beliebten „Schnabelschuhe" die unförmigen „Ochsenmäuler" oder
„Bärentatzen", Schuhe, die das Gehen fast unmöglich machten (vgl. Äbb. 14—17).
Um die Hüfte war ein Gürtel gelegt mit einem Dolch auf der rechten Seite (vgl. Abb. 15,16 und 17). Beim Aus-
gange hing auf der linken Seite das Schwert. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde aus dem Schwert eine Art
„Galanterie-Degen", denn der Name „Schwert" kommt in der Folgezeit kaum noch vor.
Die Sommerkleidung des Jahres 1533 wurde vom Grafen Eberhard von Königstein „gegeben". Sie bestand
aus „rot kindisch Tuch" und war mit Goldstickerei verziert. Auf dem linken Ärmel lesen wir die Devise „Bedencks
End". Am Schoßwams hat sich nicht viel geändert. Die Ärmel sind etwas enger und der Rock ist um einige Zentimeter
länger geworden als bei der vorjährigen Tracht.
Auf der Ronneburg wurde aber die Kleidung schwarz getragen. Die Ursache geht aus dem urkundlichen Eintrag
hervor, welcher lautet: „1533, Sommercleydung hat Grave Eberhart v. Konnigstein laut inhalt eingelegts moster
geben, dieweil aber der wolgeporne Herr Johann v. Menburg derzeit todts verschieden, ist diesen Sommer die ver-
lassene hoifgesind cleydung schwartz gewest."
In diesem Jahre starb nämlich Graf Johann V. von Menburg, der dritte Sohn des Grafen Ludwig II. Johann V.
(Stifter der Birsteiner Linie) war mit Anna, Gräfin zu Schwarzburg vermählt und ist durch die Erbauung des „Wacht-
baues" im Büdinger Schlosse bekannt geworden. (Der Bau wurde kurz vor seinem Tode fertiggestellt.) Ju dieser Zeit
regierte auf der Ronneburg Graf Anthon von Menburg-Ronneburg.
wir aus diesen Urkunden zur Kenntnis, daß die Kleidung nicht nur in
mehreren Grafschaften einheitlich war, sondern daß auch Sommer-,
Winter-, Trauerkleidung usw. in den jeweils verschiedenen Farben vor-
geschrieben waren und getragen wurden. Eine sehr interessante Kleidung
war die vom Grafen Balthasar von Hanau „gegebene", d.h. entworfene
Sommerkleidung des Jahres 1532. Die urkundliche Beschreibung lautet
wörtlich: „ Sommercleydung von dem zweyunddreißigsten jar war
Lederfarb die hauptfarb, der Recht Aermel leibfarb, Himmelblau und
Gelb, diese cleydung hat Grave Balthasar von Hanawe geben."
Die Form dieser Kleidung, die — wie wir gesehen haben — aus
einem rotbraunen Wollstoff bestand, ist sehr charakteristisch. Man trug
noch die enge anliegende Hose, die man in dieser Form aus dem
15. Jahrhundert übernommen hatte, ferner den beliebten „Schoß-
wams", der am Oberkörper — um den guten Sitz des Panzers zu
gewährleisten — eng anliegend gearbeitet war und an der Seite —
in der Regel unter dem linken Arm — zugehakt oder zugenestelt wurde.
Der „Schoß", vielfach in den Urkunden auch „rock" genannt (Abb. 14),
wurde radrund auf Taillenweite geschnitten und am unteren Rande des
Oberteiles angesetzt. Durch die große Unterweite des Rockes kam dann
der glockige Fall zustande. (Abb. 16.) Vielfach war aber auch der Rock
hinten und vorne ausgeschnitten, weil er nicht nur zu Hause, sondern auch
im Sattel getragen wurde. Auf den ersten Blick fallen uns die unförmi-
gen Ärmel auf. Sie verdienten mit Recht ihren Namen „Keulenärmel"
oder „Schinkenärmel". Die Konstruktion dieser Ärmel war nicht einfach.
Abb. 11. Die Winterkleidung des Jahres 1539. Der Ärmel bestand aus dem eigentlichen Oberärmel, der — wie auch die
übrigen Teile des Wamses — meistens aus gutem Wollstoff hergestellt
war, und aus dem farbigen, meistbaumwollenen Futtertuch. Der viel zu
lang gearbeitete Oberärmel wurde bis in Höhe des Ellenbogens gerafft und am Futter festgeheftet, so daß hierdurch
der mächtige „Puff" des Oberürmels entstand, der dann noch durch starke Watteeinlagen in Form gehalten wurde.
Der Unterärmel wurde enger gehalten und mehrfach aufgeschlitzt, um das farbige Futter hervortreten zu lassen.
Der gute Ton verlangte es, daß der rechte Ärmel in abstechender Farbe, der sogen. „Leibfarbe", gearbeitet und in der
Regel mit einer Devise bestickt wurde (Abb. 14,15, und 16). In dieser Zeit wurde auch ein Unterwams getragen, der oben
am Halse hervorschaute und hier zu einem Kragen ausgebildet war. Auch dieser Kragen war geschlitzt und in der Art
des Unterärmels mit farbigem Futter unterlegt (Abb. 14). Als Kopfbedeckung hatte man zwar aus den: 15. Jahr-
hundert eine ganze Anzahl der verschiedensten Hauben und Hüte übernommen, die aber fast alle von dem „Barett"
verdrängt wurden. Seit dem Jahre 1520 war das Barett mit wallenden Hahnen- oder Straußenfedern eine sehr
beliebte Kopfbedeckung. Bauern und Handwerkern blieb dieser Kopfschmuck jedoch versagt. Die Lederhaube, die sich
im 15. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreute, wurde auch im 16. Jahrhundert noch gerne von solchen Männern
getragen, die viel auf der Landstraße liegen mußten. Irgendein findiger Kopf kam dann eines Tages auf den Ein-
fall, die in wärmeren Jahreszeiten sehr lästige Lederhaube mit der Gesichtsöffnung über den Schädel zu stülpen
und die farbigen Halsfransen links oder rechts seitwärts.' als Schmuck im Winde wehen zu lassen (vgl. Abb. 16). An
den Füßen trug man an Stelle der bisher so beliebten „Schnabelschuhe" die unförmigen „Ochsenmäuler" oder
„Bärentatzen", Schuhe, die das Gehen fast unmöglich machten (vgl. Äbb. 14—17).
Um die Hüfte war ein Gürtel gelegt mit einem Dolch auf der rechten Seite (vgl. Abb. 15,16 und 17). Beim Aus-
gange hing auf der linken Seite das Schwert. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde aus dem Schwert eine Art
„Galanterie-Degen", denn der Name „Schwert" kommt in der Folgezeit kaum noch vor.
Die Sommerkleidung des Jahres 1533 wurde vom Grafen Eberhard von Königstein „gegeben". Sie bestand
aus „rot kindisch Tuch" und war mit Goldstickerei verziert. Auf dem linken Ärmel lesen wir die Devise „Bedencks
End". Am Schoßwams hat sich nicht viel geändert. Die Ärmel sind etwas enger und der Rock ist um einige Zentimeter
länger geworden als bei der vorjährigen Tracht.
Auf der Ronneburg wurde aber die Kleidung schwarz getragen. Die Ursache geht aus dem urkundlichen Eintrag
hervor, welcher lautet: „1533, Sommercleydung hat Grave Eberhart v. Konnigstein laut inhalt eingelegts moster
geben, dieweil aber der wolgeporne Herr Johann v. Menburg derzeit todts verschieden, ist diesen Sommer die ver-
lassene hoifgesind cleydung schwartz gewest."
In diesem Jahre starb nämlich Graf Johann V. von Menburg, der dritte Sohn des Grafen Ludwig II. Johann V.
(Stifter der Birsteiner Linie) war mit Anna, Gräfin zu Schwarzburg vermählt und ist durch die Erbauung des „Wacht-
baues" im Büdinger Schlosse bekannt geworden. (Der Bau wurde kurz vor seinem Tode fertiggestellt.) Ju dieser Zeit
regierte auf der Ronneburg Graf Anthon von Menburg-Ronneburg.