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Die Burgruine Weißenstein im Bayrischen Wald.
Von Richard Freiherr v. Buttlar, München.
Hit zu den landschaftlich am meisten bevorzugten Gegenden des schönen Bayrischen Waldes gehören
die Täler des Weißen und des Schwarzen Regen. Am letzteren ist es namentlich das freundliche Städt-
chen Regen, das dank seiner anmutigen und selten abwechslungsreichen Umgebung eine große An-
ziehungskraft ausübt. Der schönste Punkt in der Nähe des Städtchens ist die wunderschöne Burgruine
Weißenstein, die in einer Entfernung von etwa dreiviertel Stunden auf einem der hervorragendsten
Punkte des Pfahles thront. Der Pfahl ist ein mächtiger Quarzzug, der in südöstlicher Richtung den ganzen Bayrischen
Wald durchquert und bei Regen seine bedeutendste Erhebung findet. Der Pfahl beginnt zwischen Cham und Roding
in der Oberpfalz und endet vermutlich in Österreich. In der Gegend von Grafenau werden die Felsen des Pfahles
immer niedriger und verschwinden schließlich ganz, um unterirdisch noch eine Strecke weiterzuziehen. Wo dieser un-
sichtbare Quarzgang aufhört, konnte noch nicht einwandfrei ermittelt werden. Neuere Forscher haben die Vermutung
Abb. 23. Burgruine Weißenstein auf dem „Pfahl" bei Regen, im Hintergrund das Arbergebirge.
Hinten rechts der Arber.
ausgesprochen, daß sich der Pfahl unterirdisch bis Ungarn fortsetzt; ein Beweis hierfür ließ sich aber bislang nicht
erbringen. Unstreitig ist der Pfahl jedoch eine ganz eigenartige Zierde und die größte Merkwürdigkeit des Bay-
rischen Waldes.
Auf einer ungefähr 700 in hohen Bergkuppe, in beherrschender Lage, steigen die Mauern der ehemaligen Burg
Weißenstein aus den schneeweißen Quarzfelsen des Pfahles empor. Seit über 160 Jahren ist Weißenstein schon
Ruine und erscheint als solche bereits in Mennigs bekanntem topographischen Werk. Unversehrt steht heute nur noch
der Hauptturm und ein massives Turmgebäude. Zu letzterem, das vier Stockwerke hoch ist und einst als Getreidekasten
diente, führt über den äußeren Graben eine schmale Brücke von Quadern. Sowohl seinen Formen als auch den er-
haltenen Überlieferungen nach ist dieser Vorbau viel jünger als die eigentliche Burg. Er wird auch allgemein „das
neue Schloß" oder „der Kasten" genannt. Durchschreitet man den Hofraum hinter dem Tore, so hat man links turm-
hohe, nadelförmige Mauertrümmer. Rechts steigen die Felsen des Pfahles teilweise bis zum zweiten Stockwerk
empor und vertreten unverwüstlich die Stelle der Mauern. Auf einer Treppe von ungefähr dreißig Stufen steigt
man zur inneren Schloßbrücke hinan, die eine tiefe Felsspalte überquert. Nur der Schwindelfreie kann es wagen,
über das Brustgeländer in den gähnenden Abgrund zu blicken. Jenseits trotzt auf mächtigen Quarzfelsen der Haupt-
turm, dessen Oberteil mit Zinnen gekrönt ist. Auf Staatskosten wurde er 1842 ausgebessert und durch Treppen und
einen Umgang im Innern wieder ersteigbar gemacht. Die Burganlage hat keinen übermäßigen Umfang, die rings-
um sich erhebenden Pfahlfelsen haben von Ferne aber eine so täuschende Ähnlichkeit mit verwitterten Mauerzinken,
daß man einen ungleich ausgedehnteren Bau vor sich zu haben glaubt, wodurch eine nicht unwesentliche Steigerung
hes Totaleindruckes entsteht.
Die Burgruine Weißenstein im Bayrischen Wald.
Von Richard Freiherr v. Buttlar, München.
Hit zu den landschaftlich am meisten bevorzugten Gegenden des schönen Bayrischen Waldes gehören
die Täler des Weißen und des Schwarzen Regen. Am letzteren ist es namentlich das freundliche Städt-
chen Regen, das dank seiner anmutigen und selten abwechslungsreichen Umgebung eine große An-
ziehungskraft ausübt. Der schönste Punkt in der Nähe des Städtchens ist die wunderschöne Burgruine
Weißenstein, die in einer Entfernung von etwa dreiviertel Stunden auf einem der hervorragendsten
Punkte des Pfahles thront. Der Pfahl ist ein mächtiger Quarzzug, der in südöstlicher Richtung den ganzen Bayrischen
Wald durchquert und bei Regen seine bedeutendste Erhebung findet. Der Pfahl beginnt zwischen Cham und Roding
in der Oberpfalz und endet vermutlich in Österreich. In der Gegend von Grafenau werden die Felsen des Pfahles
immer niedriger und verschwinden schließlich ganz, um unterirdisch noch eine Strecke weiterzuziehen. Wo dieser un-
sichtbare Quarzgang aufhört, konnte noch nicht einwandfrei ermittelt werden. Neuere Forscher haben die Vermutung
Abb. 23. Burgruine Weißenstein auf dem „Pfahl" bei Regen, im Hintergrund das Arbergebirge.
Hinten rechts der Arber.
ausgesprochen, daß sich der Pfahl unterirdisch bis Ungarn fortsetzt; ein Beweis hierfür ließ sich aber bislang nicht
erbringen. Unstreitig ist der Pfahl jedoch eine ganz eigenartige Zierde und die größte Merkwürdigkeit des Bay-
rischen Waldes.
Auf einer ungefähr 700 in hohen Bergkuppe, in beherrschender Lage, steigen die Mauern der ehemaligen Burg
Weißenstein aus den schneeweißen Quarzfelsen des Pfahles empor. Seit über 160 Jahren ist Weißenstein schon
Ruine und erscheint als solche bereits in Mennigs bekanntem topographischen Werk. Unversehrt steht heute nur noch
der Hauptturm und ein massives Turmgebäude. Zu letzterem, das vier Stockwerke hoch ist und einst als Getreidekasten
diente, führt über den äußeren Graben eine schmale Brücke von Quadern. Sowohl seinen Formen als auch den er-
haltenen Überlieferungen nach ist dieser Vorbau viel jünger als die eigentliche Burg. Er wird auch allgemein „das
neue Schloß" oder „der Kasten" genannt. Durchschreitet man den Hofraum hinter dem Tore, so hat man links turm-
hohe, nadelförmige Mauertrümmer. Rechts steigen die Felsen des Pfahles teilweise bis zum zweiten Stockwerk
empor und vertreten unverwüstlich die Stelle der Mauern. Auf einer Treppe von ungefähr dreißig Stufen steigt
man zur inneren Schloßbrücke hinan, die eine tiefe Felsspalte überquert. Nur der Schwindelfreie kann es wagen,
über das Brustgeländer in den gähnenden Abgrund zu blicken. Jenseits trotzt auf mächtigen Quarzfelsen der Haupt-
turm, dessen Oberteil mit Zinnen gekrönt ist. Auf Staatskosten wurde er 1842 ausgebessert und durch Treppen und
einen Umgang im Innern wieder ersteigbar gemacht. Die Burganlage hat keinen übermäßigen Umfang, die rings-
um sich erhebenden Pfahlfelsen haben von Ferne aber eine so täuschende Ähnlichkeit mit verwitterten Mauerzinken,
daß man einen ungleich ausgedehnteren Bau vor sich zu haben glaubt, wodurch eine nicht unwesentliche Steigerung
hes Totaleindruckes entsteht.