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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 35.1934

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Nieß, Peter: Wie kleideten sich die Bewohner der Ronneburg?: ein Beitrag zur Trachtenkunde des 16. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.35024#0021
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Abb. 17. Grabdenkmal des Grafen Anton zu Menburg-
Ronneburg und seiner Gemahlin Anna v. Wied ckus dem
Jahre 1563.

haben mag. Es ist nicht übertrieben, wenn Zeitgenossen be-
richten, daß eine einzige „ploderhose" ein Vermögen gekostet
habe. Samt und Seide standen in einem unerhörten Preis.
Beispielsweise verdiente „Gerhart der Maurer zu Vonhausen"
in 16Vz Tagen auf der Ronneburg 2 Gulden 6 Pfg., ein Maurer
von Büdingen erhielt für den Kalkofen bei Vonhausen aufzu-
mauern 3 Gulden. 4 Steinbrecher von Diebach verdienten in
145 Tagen 19 Gulden, ein Steinmetz von Büdingen erhielt für
7 Tage Arbeit auf der Ronneburg 1 Gulden 4 Alb., 50 Schweine
wurden in Frankfurt für 129 Gulden u. 82 „gramß Vögel" für
1 Gulden N/2 Pfg. gekauft und fast zu gleicher Zeit kosteten
„5 Ehl Tarnet" 10 Gulden und „18 Eln Rodt Carmesin Atlas"
26 Gulden usw.
Bei der Betrachtung dieser Preise ist jedoch zu bedenken,
daß z. B. die Seidenstoffe fast ausschließlich aus dem Orient
eingeführt werden mußten und bei den unzähligen Grenzüber-
schreitungen mit hohen Zöllen und Abgaben belastet waren.
Dies sehen wir schon allein daraus, daß der Ronneberger Bote
„Schrodenbach", der am 5. Juli 1567 von einer Reise aus
Braband (in den Niederlanden) zurückkehrte, wo er Stoffe ein-
gekauft hatte (höchstwahrscheinlich von den berühmten „Braban-
der Spitzen", welche von den Damen zu Brusttüchern verwendet
wurden) nicht weniger wie 15 Gulden Reisegeld verrechnete.
Daß diese 15 Gulden nicht allein für Zehrgeld draufgegangen
waren, sondern in der Hauptsache in Form von Zoll und Wege-
geld ausgegeben wurden, davon dürfen wir überzeugt sein.
Am 27. August erhielt Graf Heinrich v. d. Ronneburg
ein schwarzes Samtkleid, welches ohne Arbeitslohn 44 Gulden,
16 Alp, 3 Pfg., gekostet hat. Für einen „Schwarz Sammeten
Huet dazu" gab man 4 Gulden aus. Der „Huet" wurde noch verziert mit Ein gülden Schnur, 2 tall, Ein weiß
Feder Anderthalben taller, Thuen ermelte 3 Posten In Summa 8 Gulden."
Zu dieser Ausrüstung gehörte dann noch „Ein Sammetes Zeugk auff Ain pferdt", welches 3 Gulden 13 Alb.
1 Pfg. gekostet hat.
Daß in der Stadt Augsburg bereits in dieser Zeit mehrere gutgehende und weltbekannte Baumwollfabriken
waren, die ihre Rohbaumwolle teils zu Wasser und zu Land von Süden und Südwesten her einführten, ist bekannt.
Kein Wunder, daß auch im Ronneburger Haushalt der „Augsburger barchenndt" eine große Rolle spielte. Man ver-
wendete diesen Stoff damals nicht nur für Bettbezüge, sondern auch zu Futtertuch und Gesindekleidung. Auch Männer-
hosen aus „barchenndt" waren keine Seltenheit. Aus Frankfurt a. M., insbesondere vom „Juden zum Buxbaum"
bezog man oft „weißen parchendt zu Bedtzichn", welcher „den Frawen Zimer geliefferdt" wurde. Von diesem Stoff
kosteten „A/2 Eln" 1 Gulden.
Im Jahre 1593 erhielt der Hofnarr auf der Ronneburg „der kleine Zwerg" 4 Eln „barchen zum rock", welchen
„Simon stark hofschneider uf ronburg" verfertigte. Dem „hung jung" (Hundejungen) machte er aus „III eln" eine
Unterhose unter seine „letten Hosen". Außerdem erhielten: der „stall junge Kolbenn zu blutter Hosenn", „Jungffer
Ketten zu strimpenn", „die greffenn zu strimpenn", „freihenn annelei zu strimpenn" usw.
Eine große Rolle spielte in dieser Zeit auch das „Lindisch Duch" oder auch „Lundisch Duch" genannt. Der
„scholtes zu selboltt", der „Par her", „der bereiter", „Hanns der fall knecht", der Vogelsteller, der Gärtner, Balles
der Knecht, der Küchenschreiber, der „roitschmitt von büdingen", der „landt knecht zu bidingenn" usw., sie alle erhielten
im Jahre 1593 „Lindisch Duch zur summer kleittung". Bei den Damen hatte die „Spanische Mode" neben der ent-
setzlichen Schnürbrust auch die Schürze gebracht. Gerade die Schürze erfreute sich bei den Frauen aller Schichten
der größten Beliebtheit. In dem erwähnten Jahre wurden alle die holden Damen der Ronneburg mit Schürzen
neu eingekleidet. Es erhielten Stoffe: „freihenn hanellei ann Ein fiel färb schordz", „freihenn annellei ann Ein under
schordtz",der greffen zum sammett schords,,", „der greffenn ann Eine rottenn under schords", „freihenn ann katterin
under schordz" usw.
Seidenstoffe gab es für: „Jungfer ketten zur schnirbrust", „freihenn annellen zur schnirbrust", „freihenn anne
khetterinn under Eine gro groin laib", „klein luisenn linder Ein fiel färb leibgen gefüttert", „klein luisenn under Ein Fiel
färb Dafett schnirbrust", „Dortten der kammer matt und Einn gro leibgen", „der greffenn under Einn schnirbrust",
„freihenn ann katterinn under Einn schnirbrust" usw.
Neben dem gänzlichen Verlust der Schleppe brachte die „Spanische Mode" für die Frauen die steifen Falten-
röcke, die jede natürliche Linie unterdrückten (Abb. 17). Um die Hüfte recht breit erscheinen zu lassen, wurden starke
 
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