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rungszeichen, sogenannte Versetzmarken, die man schon auf dem Steinmetzplatz auf den einzelnen Werkstücken an-
brachte, um sie dann an Ort und Stelle leichter zusammensetzen zu können. Für diese Annahme spricht schon die
Tatsache, daß immer das gleiche Zeichen an den hier paarweise nebeneinander liegenden Steinen auftritt, und dann,
daß an einigen Stellen die Vertiefungen, die man erst an der Baustelle zur Aufnahme der Greifer des Hebezeuges
in die Steine einschlug, in die — demnach schon vorhandenen — Zeichen eingeschlagen sind. Obwohl die Verwendung
als Versetzmarken dem eigentlichen Sinn der Steinmetzzeichen widerspricht, scheint es sich bei einem Teil dieser Zeichen
doch um echte Steinmetzzeichen, wenigstens der Form nach, zu handeln, wie ein Vergleich mit bekannten Formen
am Erfurter Dom und anderen Gebäuden, bei denen ohne Zweifel Steinmetzzeichen vorliegen, zeigt. Man könnte
das Auftreten von Steinmetzzeichen an dieser Stelle damit deuten, daß die an dem Bau beschäftigten Meister und
Gesellen ihre Zeichen nicht auf einem Sammelstein, sondern an diesen Strebepfeilern gleichzeitig als Versetzmarken
angebracht hätten. Eine solche Verwendung würde allerdings dem allgemeinen Brauch widersprechen. Man könnte
aber auch daran denken, daß die auf Wanderschaft vorbeikommenden Gesellen gern ihre Zeichen hinterließen und
daß man ihnen an dieser Stelle Gelegenheit dazu gegeben habe. Diese Deutung erscheint jedoch noch unwahrschein-
licher. Um Fabrikationszeichen der Hersteller der einzelnen Werkstücke handelt es sich hier jedenfalls nicht.
Unter diesen Zeichen fallen zwei Hakenkreuze durch ihre Größe (17 x 17 ein) und sorgfältige Ausführung auf,
und oft ist gefragt worden, ob diesen Zeichen ein tieferer, kultischer Sinn zuzusprechen sei. Aus dem oben Gesagten
geht hervor, daß die Zeichen auf den Strebepfeilern zum Teil wenigstens den Charakter von Steinmetzzeichen haben.
In der Tat finden sich Hakenkreuze als Steinmetzzeichen nicht selten. Als Beispiel seien hier solche genannt im Dom
zu Erfurt, am Hambacher Schloß (Pfalz), am Stephans-Dom (Wien) usw. Etwa zur gleichen Zeit tragen zahlreiche
sakrale Gegenstände Hakenkreuzdarstellungen. Auf Altardecken, Meßgewändern (Halberstädter Domschatz), Marien-
mäntelchen und auf nordischen Grabsteinen findet es sich nicht selten. Aber auch im profanen Leben wurde es ver-
wendet. So benutzt es der flämische Baumeister und Bildhauer Billards de Honnecourt in seinem uns erhaltenen
Skizzenbuch als Schema für Bewegungsstudien und ornamentale Darstellungen (Leckster 1921).
Wenn auch das Christentum das Hakenkreuz in kluger Berechnung als Kultzeichen übernommen hatte, so ist
doch anzunehmen, daß man es im 14. Jahrhundert in unserer Gegend fast ausschließlich nur noch als ornamentales
Schmuckzeichen verwendet hat. Auch in Kapellendorf dürste der Anbringung dieses Zeichens jedenfalls kein bewußter
kultischer Sinn zugrunde gelegen haben.
Während sich an den offenbar einheitlich ausgeführten Bauteilen des Neu- und Ausbaues durch die Stadt
Erfurt um 1348 keine Steinmetzzeichen in der gewohnten Anbringung finden, trägt die nur wenig später errichtete
Küche an ihren Tür- und Fenstergewänden sehr gut erhaltene Zeichen (Abb. 21), bei denen es sich offenbar um echte
Steinmetzzeichen handelt, was schon daraus hervorgeht, daß sie sich ohne Schwierigkeit aus bekannten Schlüsseln
ableiten lassen, obwohl die Maße ihrer Winkel etwas ungenau sind und ihre Gesamtform ungewohnt ist. Vielleicht
entstammen sie einer kleineren Hütte. Zu bezweifeln ist allerdings, daß diese Gewände für den Küchenbau angefertigt
wurden, wenn auch für ihre ursprüngliche Verwendung keinerlei Anhaltspunkte vorliegen.
Bei den Ausgrabungsarbeiten im Sommer 1933, die durch den Freiwilligen Arbeitsdienst unter Leitung des
Herrn Prof. Or. Neumann-Jena ausgeführt wurden, wurde in dem östlich an die Küche anschließenden Mauerzug
eine tür- oder fensterartige Öffnung freigelegt, an der sich ebenfalls ein Steinmetzzeichen befindet (Abb. 22 links). Da
man annimmt, daß dieser Mauerteil erst in der frühen Renaissance erbaut wurde, überrascht die klare und einfache Form
des Zeichens gegenüber den wesentlich komplizierteren Formen, die man sonst aus dieser Zeit kennt.
Zum Schluß sei noch ein Zeichen erwähnt, das sich an dem inneren Torbogen des Einganges befindet (Abb. 22
rechts). Es besteht aus den monogrammartig zusammengesetzten Buchstaben tM8, ist also wohl als Fabrikationszeichen,
nicht aber als Steinmetzzeichen anzusehen. Seine Anbringung dürfte in der Zeit der späten Renaissance oder des
frühen Barock anzunehmen sein, in der von Sachsen-Weimar aus die Rent- und Justizamtsgebäude ausgebaut wurden.
Bei dieser Gelegenheit baute man das vorher vorhandene gotische Tor zu dem jetzigen Renaissanceportal um und führte
wahrscheinlich auch den inneren Torbogen auf.
Literatur: Schwarz, L.: Die deutschen Bauhütten des Mittelalters und die Erklärung der Steinmetzzeichen. Berlin 1926.—-
Wissell, R.: Der alten Steinmetzen Recht und Gewohnheiten. Leipzig 1927. — Apel, H.: Ein alter Bericht über das Nonnenkloster
Kapellendorf. Thür. Heimatspiegel 10, 1933. — Zappe, A.: Steinmetzzeichen. Der deutsche Steinbildhauer 49, München 1933. —
Lechler, I.: Vom Hakenkreuz. Vorzeit, Leipzig 1921.
rungszeichen, sogenannte Versetzmarken, die man schon auf dem Steinmetzplatz auf den einzelnen Werkstücken an-
brachte, um sie dann an Ort und Stelle leichter zusammensetzen zu können. Für diese Annahme spricht schon die
Tatsache, daß immer das gleiche Zeichen an den hier paarweise nebeneinander liegenden Steinen auftritt, und dann,
daß an einigen Stellen die Vertiefungen, die man erst an der Baustelle zur Aufnahme der Greifer des Hebezeuges
in die Steine einschlug, in die — demnach schon vorhandenen — Zeichen eingeschlagen sind. Obwohl die Verwendung
als Versetzmarken dem eigentlichen Sinn der Steinmetzzeichen widerspricht, scheint es sich bei einem Teil dieser Zeichen
doch um echte Steinmetzzeichen, wenigstens der Form nach, zu handeln, wie ein Vergleich mit bekannten Formen
am Erfurter Dom und anderen Gebäuden, bei denen ohne Zweifel Steinmetzzeichen vorliegen, zeigt. Man könnte
das Auftreten von Steinmetzzeichen an dieser Stelle damit deuten, daß die an dem Bau beschäftigten Meister und
Gesellen ihre Zeichen nicht auf einem Sammelstein, sondern an diesen Strebepfeilern gleichzeitig als Versetzmarken
angebracht hätten. Eine solche Verwendung würde allerdings dem allgemeinen Brauch widersprechen. Man könnte
aber auch daran denken, daß die auf Wanderschaft vorbeikommenden Gesellen gern ihre Zeichen hinterließen und
daß man ihnen an dieser Stelle Gelegenheit dazu gegeben habe. Diese Deutung erscheint jedoch noch unwahrschein-
licher. Um Fabrikationszeichen der Hersteller der einzelnen Werkstücke handelt es sich hier jedenfalls nicht.
Unter diesen Zeichen fallen zwei Hakenkreuze durch ihre Größe (17 x 17 ein) und sorgfältige Ausführung auf,
und oft ist gefragt worden, ob diesen Zeichen ein tieferer, kultischer Sinn zuzusprechen sei. Aus dem oben Gesagten
geht hervor, daß die Zeichen auf den Strebepfeilern zum Teil wenigstens den Charakter von Steinmetzzeichen haben.
In der Tat finden sich Hakenkreuze als Steinmetzzeichen nicht selten. Als Beispiel seien hier solche genannt im Dom
zu Erfurt, am Hambacher Schloß (Pfalz), am Stephans-Dom (Wien) usw. Etwa zur gleichen Zeit tragen zahlreiche
sakrale Gegenstände Hakenkreuzdarstellungen. Auf Altardecken, Meßgewändern (Halberstädter Domschatz), Marien-
mäntelchen und auf nordischen Grabsteinen findet es sich nicht selten. Aber auch im profanen Leben wurde es ver-
wendet. So benutzt es der flämische Baumeister und Bildhauer Billards de Honnecourt in seinem uns erhaltenen
Skizzenbuch als Schema für Bewegungsstudien und ornamentale Darstellungen (Leckster 1921).
Wenn auch das Christentum das Hakenkreuz in kluger Berechnung als Kultzeichen übernommen hatte, so ist
doch anzunehmen, daß man es im 14. Jahrhundert in unserer Gegend fast ausschließlich nur noch als ornamentales
Schmuckzeichen verwendet hat. Auch in Kapellendorf dürste der Anbringung dieses Zeichens jedenfalls kein bewußter
kultischer Sinn zugrunde gelegen haben.
Während sich an den offenbar einheitlich ausgeführten Bauteilen des Neu- und Ausbaues durch die Stadt
Erfurt um 1348 keine Steinmetzzeichen in der gewohnten Anbringung finden, trägt die nur wenig später errichtete
Küche an ihren Tür- und Fenstergewänden sehr gut erhaltene Zeichen (Abb. 21), bei denen es sich offenbar um echte
Steinmetzzeichen handelt, was schon daraus hervorgeht, daß sie sich ohne Schwierigkeit aus bekannten Schlüsseln
ableiten lassen, obwohl die Maße ihrer Winkel etwas ungenau sind und ihre Gesamtform ungewohnt ist. Vielleicht
entstammen sie einer kleineren Hütte. Zu bezweifeln ist allerdings, daß diese Gewände für den Küchenbau angefertigt
wurden, wenn auch für ihre ursprüngliche Verwendung keinerlei Anhaltspunkte vorliegen.
Bei den Ausgrabungsarbeiten im Sommer 1933, die durch den Freiwilligen Arbeitsdienst unter Leitung des
Herrn Prof. Or. Neumann-Jena ausgeführt wurden, wurde in dem östlich an die Küche anschließenden Mauerzug
eine tür- oder fensterartige Öffnung freigelegt, an der sich ebenfalls ein Steinmetzzeichen befindet (Abb. 22 links). Da
man annimmt, daß dieser Mauerteil erst in der frühen Renaissance erbaut wurde, überrascht die klare und einfache Form
des Zeichens gegenüber den wesentlich komplizierteren Formen, die man sonst aus dieser Zeit kennt.
Zum Schluß sei noch ein Zeichen erwähnt, das sich an dem inneren Torbogen des Einganges befindet (Abb. 22
rechts). Es besteht aus den monogrammartig zusammengesetzten Buchstaben tM8, ist also wohl als Fabrikationszeichen,
nicht aber als Steinmetzzeichen anzusehen. Seine Anbringung dürfte in der Zeit der späten Renaissance oder des
frühen Barock anzunehmen sein, in der von Sachsen-Weimar aus die Rent- und Justizamtsgebäude ausgebaut wurden.
Bei dieser Gelegenheit baute man das vorher vorhandene gotische Tor zu dem jetzigen Renaissanceportal um und führte
wahrscheinlich auch den inneren Torbogen auf.
Literatur: Schwarz, L.: Die deutschen Bauhütten des Mittelalters und die Erklärung der Steinmetzzeichen. Berlin 1926.—-
Wissell, R.: Der alten Steinmetzen Recht und Gewohnheiten. Leipzig 1927. — Apel, H.: Ein alter Bericht über das Nonnenkloster
Kapellendorf. Thür. Heimatspiegel 10, 1933. — Zappe, A.: Steinmetzzeichen. Der deutsche Steinbildhauer 49, München 1933. —
Lechler, I.: Vom Hakenkreuz. Vorzeit, Leipzig 1921.