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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 40.1939

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Roemisch, Bruno: Akershus - Norwegens stolze Wehrburg aus dem Mittelalter: ihre Geschichte und die deutschen Baumeister
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https://doi.org/10.11588/diglit.35029#0004
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der wehrhafte Sitz des dänischen Statthalters und der Aufenthaltsort der dänischen Könige bei ihren gelegentlichen
Besuchen im Kronlande Norwegen.
In alten norwegischen Königsbriefen u. a. m. wurde die Akersburg verschiedentlich als „Akershus" (Akers-
haus) und „Akersborgh" (Akersburg) benannt. Diese unterschiedliche Benennung läßt sich vermutlich dadurch er-
klären, daß die Akersburg ursprünglich ein befestigtes Haus war und sich gradweise zu einer Burganlage entwickelt
hatst. In der Renaissancezeit fiel ihr wehrmäßiger Charakter mehr und mehr profanen Prachtbauten zum Opfer,
ohne ihn freilich nicht ganz verdrängen zu können. Auf die militärische Anlage der Akersburg und ihre daraus ent-
springende militärische Bedeutung konnten die dänischen Könige nicht gut verzichten, denn noch im Jahre 1716 hatte
sie dem mächtigen Ansturm des gefürchteten Schwedenkönigs Carl XII. zu trotzen. Das „Slot Akershus" (Schloß
Akershus), wie diese alte, baulich vollkommen veränderte Wehranlage nun hieß, konnte nichtsdestoweniger den
Angriff der Schweden zurückschlagen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hat Schloß Akershus aufgehört, die ur-
sprüngliche Zweckerfüllung einer militärischen Anlage zu besitzen. Durch die Union mit Schweden im Jahre 1815
glitt das Land Norwegen in die dauerhaften Gleise einer friedlich abgestimmten skandinavischen Politik, die ihren
hohen Wert bis heute behalten hat. Schloß Akershus wurde nunmehr friedlicheren Zwecken zugewandt. In seinen
würdigen Mauern nahm das norwegische Reichsarchiv Zuflucht, später wurde es für die Militärverwaltung als
Lagerräume bestimmt, wogegen sich begreiflicherweise manches patriotische Herz der Norweger aufgelehnt hat.
Gegenwärtig hat Akershus eine durchgreifende Restauration notwendig, mit deren wichtigen Arbeit man
bereits teils begonnen hat. Nachdem Akershus seit dem Frühjahr 1939 zur künftigen Grabstätte des nor-
wegischen Königshauses bestimmt worden ist, dürfte ihm auch eine entsprechend würdige bauliche Behandlung
zu wünschen sein.
Nun wollen wir die interessante Baugeschichte des Akershus etwas eingehender verfolgen, wenn sie zwar auch
an manchen Stellen dunkel und heiß umstritten erscheint, läßt sie nichtsdestoweniger eine generelle Linie seiner stil-
mäßigen Erscheinung andeuten. Als im Jahre 1308, wie bereits erwähnt, Akershus den Ansturm des schwedischen
Herzogs Erik zurückschlug, muß sie, bautechnisch gesehen, bereits den praktischen Wert einer nennenswerten Wehr-
anlage besessen haben. Auf einem fast würfelförmigen Basaltfelsen gelegen, der im Westen und Norden fast steil
zur Bucht herabfällt, besaß sie für die Verteidiger der alten Feste eine nahezu ideal zu nennende Lage. Wie ein
trotziger Steinriese bewachte sie nicht nur die Einfahrt zur Oslobucht, sondern konnte auch schirmend ihren Schutz
über das langgestreckte Oslotal ausdehnen.
Nach einer vom norwegischen Architekt Blix vorgenommenen baukundlichen Untersuchung der Ruinen auf
Akershus ist Genannter zu dem Resultat gekommen, daß die älteste Wehranlage auf Akershus ein für die damalige
Zeit imponierendes Ausmaß besessen haben mußteh. Es wird von ihm auch angenommen, daß sie die darauffol-
genden 200 Jahre keine baumäßigen Erweiterungen erfuhr. Diese Annahme läßt sich meines Erachtens noch vertei-
digen. War Akershus erst einmal stark geschaffen, besaß es naturgemäß auch eine entsprechend lange Lebensdauer,
die sowobl den militärischen als baulichen Ansprüchen einer solchen Anlage gegeben ist. Außerdem mögen sich die
dänischen Könige, die das Kronland Norwegen nur gelegentlich besuchten, weniger um das Imposante einer norwegi-
schen Wehranlage gekümmert haben. Erstens waren nicht immer die notwendigen Geldmittel vorhanden, zweitens
war die norwegische „Provinz", was wir von der Ansicht mancher Dänenkönige wissen, keiner besonderen Aufmerk-
samkeit wert, denn dazu war sie von „armseliger Herkunft". Historisch ist es nicht zu leugnen, daß mit dem politischen
Machtzerfall Norwegens sein kultureller dicht folgte, sind uns doch hierfür eine Reihe einleuchtender Beispiele be-
kannt. Aus diesem Grunde allein schon kann man gegen Blix' Behauptung von der 200jährigen Banstille auf Akers-
hus nichts Sachliches einwenden. Wenn erst später, in der ichbewußten Renaissancezeit, auf Akershus die Baulust
der dänischen Könige sichtbar wurde, so war diese von einer gänzlich neugearteten Voraussetzung getragen, wovon
hier später die Rede sein soll.
Nach den uns bekannten Resultaten der
auf Akershus vorgenommenen baukundlichen
Untersuchungen sowie den entsprechenden
historischen Quellen zu trauen, ist die ur-
sprüngliche Bauform des Akershus
nach dem üblichen Schema der mittel-
alterlichen Burgbauten in Deutsch-
land geschaffen worden. Diese Auf-
fassung vertritt auch der norwegische For-
scher Prof. Gustav StormH. Der Kern des
alten Akershus war der Bergfried. Er
ist im Mittelälter in Deutschland der Haupt-
turm einer Burg gewesen, der, frei in
ihrem Inneren oder an die Burgmauer an-
gelehnt, den Verteidigern einen wehrhaf-
ten Standpunkt bot, der alle Burgbauten


Abb. 1. Burg Akershus in Oslo. Ansicht vom Hafen.
 
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