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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 40.1939

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Roemisch, Bruno: Akershus - Norwegens stolze Wehrburg aus dem Mittelalter: ihre Geschichte und die deutschen Baumeister
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https://doi.org/10.11588/diglit.35029#0005
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schützte und den Belagerten als letzter Rück-
zugsort diente. Auf Akershus bezogen, war
der Bergfried an die Burgmauer an-
gelehnt. Er besaß den kühnen Namen
„Vaagehals" (Wagehals). Die längst ver-
schwundene Existenz dieses ersten und mäch-
tigen Wehrturmes auf der Akershushöhe läßt
sich noch heute in vorhandenen interessanten
Mauerresten Nachweisen. Allem Anschein
nach war dieser Wehrturm im frühesten Bau-
alter der Akersburg ihre einzige bedeutende
Wehranlage, welche im Jahre 1308 dem be-
reits erwähnten Ansturm des Schweden-
herzogs Erik erfolgreich standhielt. Sein Um-
fang kann ungefähr 20 x 20in betragen haben
und ist etwa mit dem noch heute verhältnis-
mäßig guterhaltenen Bergfried „Kärn an" in
Helsingborg (Schweden) zu vergleichen,
wenigstens was seinen Umfang anbetrifft.
Daß Norwegens älteste Burganlage
nach deutschem Vorbild erbaut worden ist, kann nicht als etwas Zufälliges bezeichnet werden. Zunächst ist voraus-
zuschicken, daß die Nordländer im Mittelalter mit der Steinarchitektur nicht vertraut waren. Das Baumaterial des
Nordens war das Holz, in dessen baumäßiger Verwendung allein kannten sie sich aus. Auch ergriffen die Nord-
länder die Idee der wehrhaften Stüdtegründung sehr spät. Während sich in Deutschland bereits im frühen Mittel-
alter unter dem Schutz einer wehrhaften Burganlage oder Stadtmauer die kulturelle Gemeinschaft der Stadt
entwickelte, liebte der sreigesinnte Nordländer die Enge der Stadt nicht. Selbst an der Küste, wo, durch den Fisch-
fang bedingt, ein engeres Zusammenleben notwendig war, wiesen die Ansiedlungen wenige oder gar keine gemein-
schaftlichen Berührungspunkte auf. Als im Jahre 1128 Bischof Otto von Bamberg nach Dänemark kam, war sein
merkwürdigster Reiseeindruck der, daß die dänischen Kirchen und Adelshäuser niedrig und unansehnlich waren. Die
Städte hatten weder Türme noch Mauern zu Verteidigungszwecken'). Was zu dieser Zeit in Dänemark der Fall
gewesen ist, konnte in Norwegen schon lange nicht möglich sein.
Durch die Berührung mit den unternehmungslustigen Kaufleuten der deutschen Hansa war Norwegen früh
mit dem deutschen Kulturstreben bekannt geworden. Bereits im 11. Jahrhundert läßt sich in der alten norwegischen
Königsstadt Bergen das Auftreten deutscher Kaufleute Nachweisen. Im Jahre 1183 wird zum erstenmal Bergens
älteste Steinkirche, der St.-Maria-Dom (Vnser Oeven Vronvvsn Xsrüe tbo LarAÜsns in blorvvoK'lnmo), urkundlich
genannt. Er war eine religiöse Stiftung der in Bergen ansässigen deutschen Kaufleute und bis zum Jahre 1870 im
Besitz der hiesigen deutschen Gemeinde. Mit den Hanseaten waren auch Scharen deutscher Handwerker nach Nor-
wegen gekommen, die in den Städten Bergen, Oslo, Drontheim und Tönsberg eine starke Zunftorganisation, ,,cko
kil'vVinptsn" (die fünf Ämter), besaßen und hierzulande das ganze Mittelalter hindurch, bis zum Jahre 1559, in welchem
sie vom dänischen Statthalter aufgelöst und verboten wurden, eine wichtige wirtschaftliche und kulturelle Rolle spielten").
Zwar sind uns im mittelalterlichen Norwegen Zünfte der deutschen Maurer oder Baugilden nicht urkundlich bekannt.
Wir kennen nur solche der Goldschmiede,
Schneider, Bäcker, Schuster usw. Diese Fest-
stellung schließt aber keineswegs die Tatsache
aus, daß deutsche Maurer bzw. Baukünstler
im mittelalterlichen Norwegen am Bau der
uns historisch bekannten Steinbauten mit-
gewirkt haben. So ist uns beispielsweise ur-
kundlich bekannt, daß Kölner Baukünstler am
Dombarl zu Drontheim mitwirkten. Ein
Kölner Baumeister des Drontheimer Domes
wurde im Jahre 1316 auf dem dortigen
Friedhof begraben"). Da die Nordländer,
wie bereits erwähnt, bis zum Ausgang des
Mittelalters vorzugsweise das Holz als Bau-
material verwandten, war für deutsche
Maurer in Norwegen keine Bleibe. Nur
immer dann, wenn der eine oder andere
Norwegerkönig oder Bischof den Bau eines Abb. 3. Burg Akershus in Oslo. Ansicht von Süden.



Abb. 2. Burg Akershus in Oslo. Zugbrücke.
 
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