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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 40.1939

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Grimme, Gustav: Burg Trips
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https://doi.org/10.11588/diglit.35029#0012
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flüßchen ihren Weg; in zahllosen Krümmungen und Windungen schlängelt es sich durch saftige Wiesengründe dahin,
seinem Namen alle Ehre machend. Hochstämmige, schlanke, kanadische Silberpappeln, die für die ganze Niederung
so charakteristisch sind, begleiten das flinke, doch von den Abwässern der Fabriken arg verschmutzte Wässerlein oder
ziehen sich in langen Reihen durch die Wiesengründe. Dort drüben jenseits des Flüßchens brausen die Züge der
Aachen-Düsseldorfer Eisenbahn dahin. Nach einviertelstündiger Wanderung schimmert schon der gewaltige Bergsried
der Burg durch die Zweige der Bäume. Wir biegen vor: der Landstraße rechts in eine prächtige Allee alter Eichen
ein, überschreiten die Wurm, deren Wasser sich brausend über ein mächtiges Wehr ergießt und die Tripser Mühle
treibt, und stehen vor der von Wasser umflossenen ersten Vorburg der Burg Trips. Aber noch zögern wir, Brücke
und Tor zum Burghof zu passieren, sondern wandern noch einige Schritte die Schloßgräfte entlang bis dahin, wo
die Eicheuallee sich fortsetzt in einen von kanadischen Pappeln eingesäumten Fahrweg. Wir schauen uns um und
bleiben wie angewurzelt stehen; denn hier eröffnet sich uns ein Bild von überwältigender Schönheit, ja fast von
einer heroischen Größe: Jenseits eines weiten, viereckigen Sees steigt schweigend der gewaltige, finster drohende,
rote Mauerklotz der mittelalterlichen Burg samt dem scheinbar mit ihr fest verbundenen, wuchtigen Turm unmittel-
bar aus dem ebenso schweigsamen Wasser empor, ganz isoliert, in eindrucksvoller Silhouette sich vom weiten Himmel
abhebend, schmucklos, nur durch das kolossale Volumen wirkend, ein Stück absoluter Architektur; am rechten Ufer
des Sees die beiden hintereinander liegenden Vorburgen, am linken eine lange Reihe schöner, alter Kastanienbäume.
Das alles in seiner Gesamtheit ergibt ein Bild, das man nie vergessen wird.
Nachdem wir dieses wundervolle Bild lange in uns ausgenommen haben, lenken wir unsere Schritte zurück
zum Toreingang der ersten Borburg, um von hier aus unseren Rundgang durch die ganze weiträumige Anlage an-
zutreten und sie auf alle ihre Einzelheiten hin zu durchforschen. Zur besseren Orientierung sei vorausgeschickt, daß
die Anlage von vier Inseln gebildet wird: Erste Vorburg, zweite Vorburg, Herrenhaus, Garten, und das Ganze
von einem langgezogenen, rechteckigen Wasserrahmen eingefaßt.
Die äußere Borburg wird gebildet von einem mächtigen, langgestreckten Gebäude aus roten Ziegelsteinen,
der Hauptfront, und einem im rechten Winkel anstoßenden Seitenflügel. Die Mitte der Hauptfront ist gekennzeichnet
durch das spitzgiebelige Torhaus mit großer Durchfahrt. Eine steinerne Brücke, deren Bögen leider vermauert sind,
führt auf sie zu. Über dem rechtwinkligen Rahmen des Tors erkennen wir noch die hohen, bis zum Giebelrand rei-
chenden Mauerschlitze, in die sich die Wippbalken der einstigen Zugbrücke bei hochgezogenem Zustand einfügten, sowie
das Ehewappen von Eynatten-Asbeck. Die linke Hälfte der Hauptfront, die jetzige Pächterwohnung, ist neueren
Ursprungs, was an dem Mauerwerk und der Form der großen Fenster zu erkennen ist; alle übrigen Teile der Vor-
burg entstammen dem Jahre 1672, wie aus den großen Eisenankern an der Außenseite des Seitenflügels deutlich
zu ersehen ist.
Wir durchschreiten den hinter der ersten Vorburg liegenden, großen Wirtschaftshof und gelangen über eine
zweite Brücke zum Torhaus der zweiten Vorburg, das genau in der Längsachse des bereits passierten äußeren Tores
liegt; doch machen wir erst vor dieser Brücke Halt und genießen das prachtvolle Architekturbild, das sich hier unserem
Auge eröffnet: Vor uns das schmucke, mit einem Dachreiter besetzte Torhaus, durch dessen flachbogige Durchfahrt
das wieder in der gleichen Achse liegende, äußerste Ausfahrtstor des Hofes sichtbar wird; zur Linken steigt vor uns
die ungeheure, rötliche Backsteinmasse des Herrenhauses unmittelbar aus den: Wasser auf; der wuchtige Turm er-
scheint hier in seiner ganzen Größe und Schönheit.
Nun über die Brücke und durch das Tor in den Hof der zweiten Vorburg! An der linken Seite dieses Hofes
vermittelt eine dritte Brücke über den hier sehr schmalen Graben den Zugang zur Hochburg.
Auf den ersten Blick erscheint der ge-
waltige Bau der Hochburg wie aus einem
Gusse geformt; kein Fremdkörper, keine
stilwidrige Zutat scheint die Harmonie des
Ganzen zu stören, so daß man die Empfin-
dung hat, als müsse alles so sein. Und doch
wird man bei genauerem Zuschauen zwei
verschiedene Bauperioden feststellen. Da-
nach entstammt die Hauptmasse des Wohn-
baues, die Nord- und Ostseite, sowie der
Turm dem 15. Jahrhundert. Der Turm
stand ursprünglich von dem Wohnhaus iso-
liert; hohe Schutzmauern an der Südseite,
die vielleicht nach innen mit einem Wehr-
gang versehen waren, verbanden ihn mit
dem Hause und umschlossen mit diesem einen
Zwinger. Im 18. Jahrhundert wurden diese
Foto: Grimme. Mauern erhöht und zu einem neuen Wohn-
Abb. 9. Wasserburg Trips bei Geilenkirchen. Hochschloß mit zweiter Vorburg. Haus ausgebaut. Dieses neue Wohnhaus,
 
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