22
Porzellanmanufakturen entgegen. In anderen Räumen bewundern
wir kostbare Porträts, Möbel, Jagdtrophäen. Kein Museum könnte
ähnliche fesselnde Eindrücke vermitteln wie diese noch heute be-
wohnten, von Zeitgeschichte berührten Räume. Hier sprechen
Menschen durch ihre Bilder, ihre Wohnkultur unmittelbar zu uns.
Welche wertvolle Sammlung sowohl historisch bedeutsamer als
auch rassisch bemerkenswerter Erscheinungen ließen sich allein aus
den reichen Schätzen an Familienbildern, die wir auf deutschen
Schlössern des Sudetenlandes sahen, zusammenstellen!
Über Komotau, wo kurze Mittagsrast gehalten wird, geht die
Fahrt weiter zur Ruine Schönburg. In der Ferne ragt der
Wohnturm der Egerburg, deren Besitzer die Egenburger, später
die Schönburge waren. Das alte Geschlecht der Schönburge, noch
heute in Sachsen reich begütert, wird seit dem 13. Jahrhundert
im Egerland genannt. In den stürmischen Zeiten der Hussiten-
kriege, die als Folge der grausamen Verbrennung von Johann
Hus in Konstanz (1415) während des ersten Drittels des 15. Jahr-
hunderts Böhmen und angrenzende deutsche Gebiete verwüsteten,
wurde die Schönburg erbaut. Zwei Brüder Schönburg teilten
sich in ihren Besitz, der eine Anhänger der neuen Lehre, der
andere Katholik. So tief ging der Riß selbst durch die engsten
Familienkreise während der traurigen Zeit der Glaubenskämpfe.
Später wurde ein anderes bekanntes sächsisches Geschlecht, die
Vitzthums, Besitzer der Schönburg. Die Grafen von Schönburg
und die Vitzthum von Apolda wechselten einander ab, weder die
einen noch die andern blieben lange im Besitz der Burg. Ein
Vitzthum, Parteigänger Friedrichs V. von der Pfalz, des „Winter-
königs", mußte nach dessen Besiegung durch die kaiserlichen
Truppen unter Graf Buquoy in der Schlacht am Weißen Berg
(102(1), Böhmen für immer verlassen und verlor damit auch
Abb. 23. Burg Petschau a. d.Tepl. ° ° ^ ' VW Schönburg. Heute gehört die Ruine dem Grafen Thun in
Klösterle.
Am dritten Reisetag besuchen wir von Karlsbad aus, wo wir nur zu kurzem Aufenthalt Nachtquartier
bezogen hatten, die an der Eger gelegene Burg Elbogen. Die Eger schlingt gleichsam ein schützendes Band
um Stadt und Burg. Ihre Gründung an dieser zur Verteidigung so günstigen Stelle wurde von der Natur
geradezu herausgefordert. Vom gegenüberliegenden Ufer aus gesehen, wächst der Ort mit seinen alten Giebelhäusern,
Türmen, seiner stattlichen Burg ungemein malerisch aus dem Flußtal heraus. Nach kurzem Anstieg durchschreiten
wir ein erstes, bald noch ein zweites Tor (ursprünglich waren es vier) und stehen in einem von Gebäuden rings um-
schlossenen Hof. Auf hohem Felsen ragt der mächtige viereckige Bergfried. Ein auf dem Felsen neben dem Turm
angebautes mittelalterliches Haus, „Felsstubenhaus" genannt, wurde im vergangenen Jahrhundert abgerissen.
Zum mittelalterlichen Bau gehört noch das „Markgrafenhaus", dessen hochklingender Name freilich mehr verspricht,
als der schlichte Bau, jetzt als Museum eingerichtet, hält. Alle anderen Gebäude machen einen ziemlich verwahrlosten
Eindruck, kein Wunder, diente die Burg doch bis vor kurzem als Strafanstalt.
Welcher Abstand zwischen der malerischen, doch verkommenen Burg Elbogen und der stolzen Kaiserpfalz zu Eger!
Als Führer durch die berühmte Ruine war ursprünglich Prof. Oskar Schürer vorgesehen, dessen grundlegendes Werk
über die Kaiserpfalz uns der Pflicht genauerer Beschreibung enthebt. An Stelle des abwesenden Herrn Schürer über-
nahm Archivar Or. Sturm die Führung. Ausgezeichnet verstand er mit wenig Worten alles Wesentliche über Lage,
Geschichte und Einzelheiten der Pfalz zu sagen. Der Rundgang beginnt am Fuße des „Schwarzen Turmes", jenem
eindrucksvollen Bauwerk aus der Stausenzeit. Die auffallende Schrägstellung des Turmes zur Umfassungsmauer
erinnert an die ähnliche Turmanlage in der Odenwaldburg Wildenberg, die neuerdings mit Wolfram von Eschenbachs
Monsalvat in Zusammenhang gebracht wird. Seinen Namen erhielt der Turm von den dunklen Basaltquadern, aus
denen er erbaut wurde. Das besterhaltene Bauwerk auf dem Burgfelsen von Eger ist die im unteren Teil rein
romanische, im oberen gotische Doppelkapelle. Ihr Zweck war offenbar der, den Dienstmannen vom Hof aus wie der
Herrschaft und deren Gefolge vom Pallas aus den Zutritt zur Kapelle zu ermöglichen. Da für einen größeren
Kirchenbau auf dem engen Hof kein Raum, wohl aber das Bedürfnis nach einem solchen vorhanden war, wurden
hier wie auch sonst häufig bei Burgkapellen, zwei durch eine mittlere Öffnung miteinander verbundene Kirchenräume
geschaffen.
Vom Pallas ist noch so viel erhalten, daß wir uns eine Vorstellung von seiner einstigen Größe und Schönheit
machen können. Freilich mit heutigen Maßstäben darf der Bau nicht gemessen werden. Durch die Riesenbauten
Porzellanmanufakturen entgegen. In anderen Räumen bewundern
wir kostbare Porträts, Möbel, Jagdtrophäen. Kein Museum könnte
ähnliche fesselnde Eindrücke vermitteln wie diese noch heute be-
wohnten, von Zeitgeschichte berührten Räume. Hier sprechen
Menschen durch ihre Bilder, ihre Wohnkultur unmittelbar zu uns.
Welche wertvolle Sammlung sowohl historisch bedeutsamer als
auch rassisch bemerkenswerter Erscheinungen ließen sich allein aus
den reichen Schätzen an Familienbildern, die wir auf deutschen
Schlössern des Sudetenlandes sahen, zusammenstellen!
Über Komotau, wo kurze Mittagsrast gehalten wird, geht die
Fahrt weiter zur Ruine Schönburg. In der Ferne ragt der
Wohnturm der Egerburg, deren Besitzer die Egenburger, später
die Schönburge waren. Das alte Geschlecht der Schönburge, noch
heute in Sachsen reich begütert, wird seit dem 13. Jahrhundert
im Egerland genannt. In den stürmischen Zeiten der Hussiten-
kriege, die als Folge der grausamen Verbrennung von Johann
Hus in Konstanz (1415) während des ersten Drittels des 15. Jahr-
hunderts Böhmen und angrenzende deutsche Gebiete verwüsteten,
wurde die Schönburg erbaut. Zwei Brüder Schönburg teilten
sich in ihren Besitz, der eine Anhänger der neuen Lehre, der
andere Katholik. So tief ging der Riß selbst durch die engsten
Familienkreise während der traurigen Zeit der Glaubenskämpfe.
Später wurde ein anderes bekanntes sächsisches Geschlecht, die
Vitzthums, Besitzer der Schönburg. Die Grafen von Schönburg
und die Vitzthum von Apolda wechselten einander ab, weder die
einen noch die andern blieben lange im Besitz der Burg. Ein
Vitzthum, Parteigänger Friedrichs V. von der Pfalz, des „Winter-
königs", mußte nach dessen Besiegung durch die kaiserlichen
Truppen unter Graf Buquoy in der Schlacht am Weißen Berg
(102(1), Böhmen für immer verlassen und verlor damit auch
Abb. 23. Burg Petschau a. d.Tepl. ° ° ^ ' VW Schönburg. Heute gehört die Ruine dem Grafen Thun in
Klösterle.
Am dritten Reisetag besuchen wir von Karlsbad aus, wo wir nur zu kurzem Aufenthalt Nachtquartier
bezogen hatten, die an der Eger gelegene Burg Elbogen. Die Eger schlingt gleichsam ein schützendes Band
um Stadt und Burg. Ihre Gründung an dieser zur Verteidigung so günstigen Stelle wurde von der Natur
geradezu herausgefordert. Vom gegenüberliegenden Ufer aus gesehen, wächst der Ort mit seinen alten Giebelhäusern,
Türmen, seiner stattlichen Burg ungemein malerisch aus dem Flußtal heraus. Nach kurzem Anstieg durchschreiten
wir ein erstes, bald noch ein zweites Tor (ursprünglich waren es vier) und stehen in einem von Gebäuden rings um-
schlossenen Hof. Auf hohem Felsen ragt der mächtige viereckige Bergfried. Ein auf dem Felsen neben dem Turm
angebautes mittelalterliches Haus, „Felsstubenhaus" genannt, wurde im vergangenen Jahrhundert abgerissen.
Zum mittelalterlichen Bau gehört noch das „Markgrafenhaus", dessen hochklingender Name freilich mehr verspricht,
als der schlichte Bau, jetzt als Museum eingerichtet, hält. Alle anderen Gebäude machen einen ziemlich verwahrlosten
Eindruck, kein Wunder, diente die Burg doch bis vor kurzem als Strafanstalt.
Welcher Abstand zwischen der malerischen, doch verkommenen Burg Elbogen und der stolzen Kaiserpfalz zu Eger!
Als Führer durch die berühmte Ruine war ursprünglich Prof. Oskar Schürer vorgesehen, dessen grundlegendes Werk
über die Kaiserpfalz uns der Pflicht genauerer Beschreibung enthebt. An Stelle des abwesenden Herrn Schürer über-
nahm Archivar Or. Sturm die Führung. Ausgezeichnet verstand er mit wenig Worten alles Wesentliche über Lage,
Geschichte und Einzelheiten der Pfalz zu sagen. Der Rundgang beginnt am Fuße des „Schwarzen Turmes", jenem
eindrucksvollen Bauwerk aus der Stausenzeit. Die auffallende Schrägstellung des Turmes zur Umfassungsmauer
erinnert an die ähnliche Turmanlage in der Odenwaldburg Wildenberg, die neuerdings mit Wolfram von Eschenbachs
Monsalvat in Zusammenhang gebracht wird. Seinen Namen erhielt der Turm von den dunklen Basaltquadern, aus
denen er erbaut wurde. Das besterhaltene Bauwerk auf dem Burgfelsen von Eger ist die im unteren Teil rein
romanische, im oberen gotische Doppelkapelle. Ihr Zweck war offenbar der, den Dienstmannen vom Hof aus wie der
Herrschaft und deren Gefolge vom Pallas aus den Zutritt zur Kapelle zu ermöglichen. Da für einen größeren
Kirchenbau auf dem engen Hof kein Raum, wohl aber das Bedürfnis nach einem solchen vorhanden war, wurden
hier wie auch sonst häufig bei Burgkapellen, zwei durch eine mittlere Öffnung miteinander verbundene Kirchenräume
geschaffen.
Vom Pallas ist noch so viel erhalten, daß wir uns eine Vorstellung von seiner einstigen Größe und Schönheit
machen können. Freilich mit heutigen Maßstäben darf der Bau nicht gemessen werden. Durch die Riesenbauten