Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Busse, Elisabeth von [Hrsg.]
Formenschatz für Mutter und Kind: ein Hilfsbuch zum Zeichnen für junge Mütter und Kindergärtnerinnen — Leipzig, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25875#0030
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2. Die künstlerische Lrziehung de§ Rindes.

un, liebe Mutter, und du, Rindergärt-
. nerin oder mütterliche Freundin, da es
dir gelungen ist, mit hilfe des vorangegangenen
einigermaßen in die Geheimnisse der Zeichen-
kunst einzudringen, so übernimm getrost die
künstlerische Erziehung deines Rindes. Es
kommt dir mit voller Begeisterung auf diesem
lvege entgegen. Mo ist ein Rind, das nicht
gern zeichnete? Lchon im zarten Klter von
l Vs und 2 Iahren zeigt sich oft die Lust dazu,
und gibst du nur Papier und Bleistift, so ist
auch das lebhafteste Rind zufrieden. Ls kritzelt
und hat Freude daran. verschaffst du ihm
nicht das nötige Material, so wird es im Sande
zeichnen oder auf der angehauchten Fenster-
scheibe, oder es sucht sich selbst Rreide, Steinchen
oder spitzes holz und kritzelt und schrammt
damit auf Wänden und Eischen. von solch
unnützem Tun wird es durch das Zeichnen
zurückgehalten; es ist beschäftigt und nicht
länger sich und anderen im Wege. Und
Papier ist ja glücklicherweise billig heutzutage,
um so mehr, da es für das kleine Rind nicht
einmal weiß zu sein braucht. Lin altes, be-
schriebenes Uuvert genügt vollkommen. Das

Rritzeln auf dem Papier hat für das Rind
den ungeheuern Nutzen, daß seine Zinger ge-
lenkig werden und die kleine Hand lernt, den
Stift festzuhalten. Lege ihm auch dann und
wann einen großen Bogen Papier hin (glattes
Zeitungs- oder Linwickelpapier genügt) und
erlaube ihm, es von oben bis unten mit
langen Linien zu bedecken, so wird auch der
Nrm gelenkig, und das Nind gewöhnt sich,
nicht zu fest aufzudrücken.

Mache dir die Lrfahrungen anderer Länder
zu nutze. Welche Freude bereiten doch den
Nindern die im Spiel- oder Nrbeitszimmer
rundum in die Wände eingelassenen Schiefer-
tafeln, und wie fördern die in den „Neuen
Wegen" von Libertp Tadd in Philadelphia*)
empfohlenen planmäßigen, im großen Stile
mit einer oder beiden händen an solchen
Wandtafeln ausgeführten Zeichenübungen Ge-
sundheit und Zeichenlust.

wir fragen uns nun: Was ist es, was
jedes Nind gerade bei der Beschäftigung des
Zeichnens so fesselt? Ls ist dieselbe Freude,

*) R. voigtländers Verlag in Leipzig. 2. Rb-
druck. ldOZ.
 
Annotationen