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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 1.1862

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Nr. 7 (Juli 1862)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6483#0026
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—*

HOodrann des grmlichen aunlverens der Erdintele rtbu.

Nro. 7.

eilage zum Freiburger Kirchenblatt.) 111

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8. *

aunſblater



Juli 1862.

I. 7 Ueber paramente. ö ö

Seit dem Wiedererwachen des religiöſen Geiſtes und des

kirchlichen Bewußtſeins überhaupt, welches ſeit einigen Dezen-

nien in Deutſchland immer mehr an Intenſität und äußerer

Ausdehnung zugenommen hat, iſt auch der Sinn und die Liebe

zur chriſtlichen Kunſt und das richtige Verſtändniß derſelben

aus ihrem langen Schlummer erwacht. Man reibt ſich die

Augen voll Verwunderung ob der chriſtlichen Kunſtprodukte

der Vorzeit; man ſtaunt jetzt die Dome und ihre ſymboliſchen
„Gebilde an, die man vormals mit Gleichgültigkeit, wo nicht
mit Geringſchätzung behandelte; man durchſucht jetzt die Sa-
criſteien und Rumpelkammern, um alte Paramente, Teppiche
u. ſ. w., die man ehedem als geſchmacklos bei Seite gelegt,
aus ihren finſtern, beſtaubten Winkeln und Fächern an's Ta-

geslicht hervor zuziehen; man ſchlupft in die Erdgeſchoſſe und
Dachkammern der Kirchen und Privathäuſer, um kunſt⸗ und
werthvolle Gemälde und Statuen oder ganze Altäre wieder zu

Ehren zu bringen. Den vermeintlichen alten Schund, den man
vormals keines Blickes gewürdigt hat, bewacht man jetzt eifer-
ſüchtig vor den annexirenden Fingern kunſtliebender Schnapphäne,

denen übrigens das Verdienſt gebührt, viele ſolcher kirchlichen

Gegenſtände vor dem Feuerstode gerettet zu haben. Bereits
hat man angefangen, der kirchlichen Kunſt eine würdige Stel-
lung in der theologiſchen Wiſſenſchaft anzuweiſen.

Materialien und Bauſteine zuſammenzutragen, und eine Rege-

neration der kirchlichen Kunſt, welche die höchſte Kunſt, die

vorzugsweiſe wahre Kunſt iſt, hervorzurufen. Den chriſtlichen

Kunſtvereinen in den preußiſchen Rheinlanden und dem in der

Diöceſe Rottenburg gebühren vorzugsweiſe das Verdienſt, die

richtigen Grundſätze und Regeln aufgefunden und durch ihre
die Rede ſein ſoll, macht ſich immer mehr das Streben geltend,

Organe verbreitet zu haben. Namentlich iſt es der vom letz-
terem Vereine ſeit dem Jahre 1857. herausgegebene „Kir-
chenſchmuck“, welcher für alle Zweige der chriſtlichen Kunſt,
beſonders auch für Anfertigung der Paramente, ein vortreff-
licher practiſcher Wegweiſer iſt. Paramentenvereine und klö-
ſterliche Anſtalten haben ſich zur Aufgabe gemacht, nach dieſer
muſtergiltigen Zeitſchrift zu arbeiten und liefern Paramente,

der th Einzelne
und vereinte Kräfte bemühen ſich, zu dieſer neuen Wiſſenſchaft

hineingedacht und hineinſtudirt hat.

die ſich den alten würdig an die Seits reihen und zum Theil

übertreffen. Auch die »chriſtlichen Kunſtblätter“ für die

Erzdiöceſe Freiburg haben ſich zur Aufgabe geſtellt, nach
Kräften ihr Schärflein zur Verbreitung und Anwendung rich-
tiger Grundſätze auf dem Gebiete der Kunſt beizutragen, was
bei Sachverſtändigen um ſo mehr Freude verurſacht, als die
desfallſigen Kunſtbeſtrebungen der Erzdiöceſe bis jetzt nur ſporadiſch
zum Vorſchein gekommen ſind, und bei den vieten Anſchaffun-

gen kirchlicher Requiſite, wie die Erfahrung und Wahrneh-

mung lehrt, aus Unkenntniß häufig nicht auf das Richtige re-

flektirt wird. Nichts thut ſo ſehr noth, als an dem Grundſatz

feſtzuhalten: daß die kirchliche Kunſt Norm und Form ein-
zig von der Kirche zu empfangen habe; denn dieſe allein
weiß, was ſie bedarf und wie ſie es bedarf. Die bloß auf dem
Boven der natürlichen Vernunft ſtehende Aeſthetik oder der
bloße Geſchmack des Einzelnen iſt hier durchaus nicht maß-
gebend und darf keine Geſetze diktiren. Der profane Kunſtge-

ſchmack muß gänzlich aus den Kirchen ausgeſchloſſen bleiben;

denn die Kirche folgt einem andern Geiſte und andern Regeln.

Dieſe. Regeln ſind nicht etwas willkührlich oder äußerlich An-

genommenes, ſondern ſie ſind von Innen heraus, aus dem die
Kirche leitenden Geiſte, der mit dem Weltgeiſte nichts gemein

hat, aus ihren Anſchauungen, aus ihren Cultbedürfniſſen or-

ganiſch gleichſam hervorgewachſen. Anders iſt die Verzierung
und die Ausſchmückung eines Salons, anders die der Kirche;
man darf deßhalb die Schönheitsformen des erſtern nicht in
letztere einführen und übertragen. Man hüte ſich, daß, wenn
man einen ſ. g. guten Geſchmack hat, zu meinen, daß man auch
ohne Weiteres ſchon etwas von der kirchlichen Kunſt verſtehe,
ohne daß man ſich in die Regeln und Grundſätze derſelben

In Bezug auf die Paramen te, von welchen hier zunächſt

zur ältern Form derſelben zurückzukehren; denn auch die heil.
Gewänder ſind von der Ungunſt der Zeiten nicht verſchont
geblieben, und konnten ſich dem gewaltigen Einfluß der Ge-
ſchmackloſigkeit nicht entziehen. Mögen die nachſtehenden Zei-
len geeignet ſein, etwas zur Verbreitung richtiger Grundſätze

und deren Anwendung bei Anſchaffung von Paramenten oder
 
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