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aus Stufen unter einem Baldachinbau stehend, über die anstürmende Menge
, empor. Hochcdel und schön ist der Christuskops, wie der des Pilatus. Auch
die Gestalten, vorzüglich die des Heilandes, sind bei aller stylgcmäßen Hagerkeit
doch fein und schön in Linien und Gliedern. Unten an den Stufen kauert in
vorgebeugtcr Haltung des Pilatus Hofnarr, einen kleinen Hund gegen Christus
hetzend, als Spiegelbild der Schriftgelehrtcn und Pharisäer, welche die Bestie
Plebs gegen Christus aufhetzcn. Die Bewegungen aller Figuren sind zwar
einfach, aber voll Natürlichkeit und drücken klar und voll ihr Thun aus. Auch
die Zeichnung ist durchweg fein und richtig.
Häufig waren die Hauptliuicn der Figuren wie auch Spuren der Farben,
ebenso die Modellirung der Eiuzelnheiten nur mehr bruchstückweise vorhanden.
Das Bestreben, das ganze Bild in möglichst ursprünglicher Weise wiederherzu-
stellen, war nicht vergeblich. Nicht blos Kenner bezeugen das, sondern auch auf
die Laien macht dies Bild einen gefälligen in der Farbe harmonischen Eindruck."
Es ist sehr zu wünschen, daß durch eine so wohlgcübtc und erprobte Hand auch
noch weitere Gemälde, welche sicher unter der im Jahr 1817 aufgesetzten Kalk-
tünche die leeren Wände des Münsters belebt haben, wieder von der „ungerechten"
Decke befreit und zu neuem Leben erweckt werden.

Chronik.
Geislingen. Die Stadtkirche zu Geislingen an der Alb („an der Steige") hat im Laufe des
Jahres 1880 cineu schönen Schmuck erhalten durch drei wohlgclungenc Glasgcmäldc, die
die Fenster des Chors zieren. Sie sind von Hofglasmalce Wilhelm in Stuttgart gefertigt und
stellen dar 1) die Geburt, 2) die Kreuzigung, 3) die Auferstehung Christi. Das erste Fenster
ist von Fabrikant Franz Kauzmanu, das andere von Fabrikant Daniel Straub gestiftet. Die
Kosten für das dritte wurden durch eine Haus-Kollekte aufgebracht. Sie stimmen würdig zu dem
schöugcschnitztcn alten Altar (vgl. Klemm, die Stadtkirchc zu Geislingen) und zu den in nächster
Zeit der Vollendung ihrer Restauration entgegensetzenden Chorstühlen, die von dem jüngeren
Jörg Syrliu 1512 gefertigt worden sind. Ein sehr bedeutendes Werk neuer Kunst, von
Fabrikant Straub zum Gcdächtniß seines einzigen frühe verstorbenen Sohnes ans den Friedhof
gestiftet, ist die unter der Leitung des Oberbauraths v. Leins in Stuttgart ausgcführte Kapelle.
Kirchenbau und Kirchenrestanration in Melrkenburg-Schwerin. Seit einem Jahr-
hundert war für Neubau und Erhaltung der Kirchen so wenig geschehen, daß wohl die Hälfte
in einem höchst mangelhaften, ja unwürdigen Zustand sich befanden. Der kirchliche Sinn des
jetzigen Großherzogs hat bereits in großem Umfang Wandel geschafft. Von den Kirchen
landesherrlichen Patronats ist der größte Theil entweder neu gebaut oder gründlich erneuert
und würdig hcrgestcllt. Die übrigen Patrone sind dem edeln Beispiel gefolgt und auch die
Gemeinden haben es an Opfern und Beisteuern nicht fehlen lassen. Von 524 Kirchen sind
seit 1842 bis jetzt 38 ganz neu erbaut, 113 innen ausgcbaut und neu geweiht, 79 so erneuert,
daß nur Kanzel und Altar dieselben blieben.
Inhalt: Glaube, Liebe, Hoffnung von B. v. Nehcr. Mit Holzschnitt. — Die Votivkirche in
Wien. — Kirchcngeschichtc für Hans und Schule, von Friedrich Baum. — Der
Paramcntcnvcrein in Neuendettelsau. Bon Pfarrer H. Beck in Gastenfclden (jetzt in
Altona). — Ein neu anfgcdccktes Wandgemälde im Münster zu Ulm. — Chronik.
Verantwortliche Redaktion: Prälat Ur. H. Mer? in Stuttgart.
Arnck und Verlag von I. F. Ztrinbopf in Stuttgart.
 
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