Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus (23.1881)

1. lllukA 1881. Dreiundzwanzigster Jahrgang. KP. Z

für llirche, Schule und Haus.


Herausgegeben von
H. Merz und C. G. Ummschmidt.
Erscheint'monatlich in einem Bogen. Preis des Jahrgangs 4 Mark. — Zn beziehen durch alle Postämter und
Buchhandlunge n.

Wahrheit und Schein in der kirchlichen Kunst.
Zu den Fortschritten in Erkenntniß und Praxis kirchlicher Kunst gehört sehr
wesentlich, daß man dem künstlerischen Unwerth und der sittlichen Schlechtigkeit
des bloßen Scheines den Abschied zu geben ernstlich bemüht ist. Es gab eine
Zeit, in welcher man der Wahrheit in Stoss und Form kirchlicher Bau- und
Zicrknnst die Ehre zu geben förmlich verlernt hatte. Noch ist mit dein alten
Unrat nicht überall gebrochen; aber mehr und mehr kommt man auf bessere
Wege. Ohne Zweifel ist die Kunst der Täuschungen durch Schcinkonstruktionen
und Scheinstoffe auch eine Frucht des Grundsatzes „Billig und. schlecht." Man
möchte etwas Schönes haben, etwas Werthvollcs zur Schau tragen, hat aber
nicht das Vermögen, Ächtes anzuschasfen und betrügt nur sich selbst und die
Welt, „welche ja betrogen sein will," mit dem Schein des Guten und Schönen,
welcher nur zu bald sich in seiner Unwahrheit, Ungediegenheit, Unhaltbarkeit