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sonst allen möglichen Zwecken zu dienen geeignet ist, aber in der That sehr wenig
sich zu monumeutalen Inschriften eignet, wie die Schwierigkeit, Grabsteine mit
solcher Schrift zu entziffern, dem Forscher nur allzu klar macht.
Versuchen wir noch ans vorstehendem Überblick einige Richtungslinien für
Fragen der Gegenwart zu gewiuuen. Daß die römische Kapitalschrift das un-
übertroffene Muster für monumentale Steinschrift bleiben soll, haben wir bereits
ausgesprochen. Und es wäre sehr zu wünschen, daß man sich z. B. bei in Stein
ausznführendcn Inschriften an öffentlichen Gebäuden, namentlich auch bezüglich
der Bezeichnung der Jahrszahl, immer an sie hielte. (Jedenfalls ist eine Ma-
juskelschrift einzig monumental). Aber soll darum, wie gegenwärtig in Frage
steht, auch die römische Uncialschrift in der Form, in welcher sie sich für das
kleine lateinische Alphabet der Druck- und danach auch der Schreibschrift aus-
gebildet hat, den Sieg davon tragen über die unsrer kleinen deutschen Druck- und
Schreibschrift zu Grund liegende Minuskelschrift? Wir möchten das verneinen
und uns daran halten: Die Minuskelschrist ist aufgekommen, als das deutsche
Bewußtsein mehr und mehr auch für Urkuudeu und dgl. deutsche Sprache durch-
setzte, und sie hat sich gerade für die praktischen Zwecke des gemeinen Lebens
brauchbarer als jene römischen Schriftformen erwiesen. So möge es für diese
Zwecke auch bei unsrer wahrhaft deutschen Schrift bleiben.
Die Laryel im Dom ;u Magdeburg.
(Forts, und Schluß von Nr. 8.)
Auf dem der Treppenwand sich anschließenden Teile des eigentlichen Stuhles
finden wir zwischen den ebenfalls auf Postamenten heraustretenden vier Evan-
gelisten drei kleine Standbider mit den darunter auf Kartuschen (Schildchen)
befindlichen Bezeichnungen: „S. Johannes Baptista," „Salvator Mundi," „S.
Mauritius" und „S. Catharina." Lukas ist dargestellt mit dem Stier, Matthäus
mit dem Menschen, Markus mit dem Löwen und Johannes mit dem Adler;
sämtliche Figuren halten außerdem noch ein Buch in der Hand.
Bekanntlich hat man dem Matthäus als Bezeichnung den Menschen gegeben,
weil sein Evangelium mit dem Geschlechtsregister und dem Stammbaum Christi,
den der Evangelist von Adam ableitet, beginnt. Markus erhielt den Löwen und
Lukas den Opferstier, da jener mehr die königliche, dieser die hohenpriesterliche
Würde Christi behandelt; dem Johannes fiel als Symbol seines Evangeliums,
das von der Gottheit Christi handelt, der Adler zu. Die alten Kirchenväter
deuten diese Symbole auch auf Christum selbst: „Christus ist geboren als Mensch,
hat gelitten wie ein Opferstier, ist auferstanden wie ein Löwe und aufgefahren
wie ein Adler," das heißt: Christus wird als Mensch, Hoherpriester, König und
Gott versinnbildlicht. Nach anderer Auffassung sollen die vier Symbole her-
genommen sein von der alttestamentlichen Cherubsgestalt, in der von den vier
mächtigsten Repräsentanten des Tierlebens — das Menschenhaupt, der Löwenleib,
die Adlerflügel und die Stierfüße vereinigt waren. In den verschiedenen bib-
sonst allen möglichen Zwecken zu dienen geeignet ist, aber in der That sehr wenig
sich zu monumeutalen Inschriften eignet, wie die Schwierigkeit, Grabsteine mit
solcher Schrift zu entziffern, dem Forscher nur allzu klar macht.
Versuchen wir noch ans vorstehendem Überblick einige Richtungslinien für
Fragen der Gegenwart zu gewiuuen. Daß die römische Kapitalschrift das un-
übertroffene Muster für monumentale Steinschrift bleiben soll, haben wir bereits
ausgesprochen. Und es wäre sehr zu wünschen, daß man sich z. B. bei in Stein
ausznführendcn Inschriften an öffentlichen Gebäuden, namentlich auch bezüglich
der Bezeichnung der Jahrszahl, immer an sie hielte. (Jedenfalls ist eine Ma-
juskelschrift einzig monumental). Aber soll darum, wie gegenwärtig in Frage
steht, auch die römische Uncialschrift in der Form, in welcher sie sich für das
kleine lateinische Alphabet der Druck- und danach auch der Schreibschrift aus-
gebildet hat, den Sieg davon tragen über die unsrer kleinen deutschen Druck- und
Schreibschrift zu Grund liegende Minuskelschrift? Wir möchten das verneinen
und uns daran halten: Die Minuskelschrist ist aufgekommen, als das deutsche
Bewußtsein mehr und mehr auch für Urkuudeu und dgl. deutsche Sprache durch-
setzte, und sie hat sich gerade für die praktischen Zwecke des gemeinen Lebens
brauchbarer als jene römischen Schriftformen erwiesen. So möge es für diese
Zwecke auch bei unsrer wahrhaft deutschen Schrift bleiben.
Die Laryel im Dom ;u Magdeburg.
(Forts, und Schluß von Nr. 8.)
Auf dem der Treppenwand sich anschließenden Teile des eigentlichen Stuhles
finden wir zwischen den ebenfalls auf Postamenten heraustretenden vier Evan-
gelisten drei kleine Standbider mit den darunter auf Kartuschen (Schildchen)
befindlichen Bezeichnungen: „S. Johannes Baptista," „Salvator Mundi," „S.
Mauritius" und „S. Catharina." Lukas ist dargestellt mit dem Stier, Matthäus
mit dem Menschen, Markus mit dem Löwen und Johannes mit dem Adler;
sämtliche Figuren halten außerdem noch ein Buch in der Hand.
Bekanntlich hat man dem Matthäus als Bezeichnung den Menschen gegeben,
weil sein Evangelium mit dem Geschlechtsregister und dem Stammbaum Christi,
den der Evangelist von Adam ableitet, beginnt. Markus erhielt den Löwen und
Lukas den Opferstier, da jener mehr die königliche, dieser die hohenpriesterliche
Würde Christi behandelt; dem Johannes fiel als Symbol seines Evangeliums,
das von der Gottheit Christi handelt, der Adler zu. Die alten Kirchenväter
deuten diese Symbole auch auf Christum selbst: „Christus ist geboren als Mensch,
hat gelitten wie ein Opferstier, ist auferstanden wie ein Löwe und aufgefahren
wie ein Adler," das heißt: Christus wird als Mensch, Hoherpriester, König und
Gott versinnbildlicht. Nach anderer Auffassung sollen die vier Symbole her-
genommen sein von der alttestamentlichen Cherubsgestalt, in der von den vier
mächtigsten Repräsentanten des Tierlebens — das Menschenhaupt, der Löwenleib,
die Adlerflügel und die Stierfüße vereinigt waren. In den verschiedenen bib-