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der Fortsetzung der deutschen Renaissance beginnt. Das Glanzstück des ganzen
Werkes möchten wir den überaus reich nnd prächtig mit Bildern ausgestatteten
Albrecht Dürer nennen nebst Hans Holbein, dessen Darmstadter Madonnenbild
in der verunreinigten und in der neugereinigten Gestalt S. 374 u. 75 höchst
belehrend gegenübergestellt ist. Zu dem S. 537 eingefügten „Ritter Tod und
Teufel" ist gesagt: „Jeder Deutsche wird diesen trutzigen Rittersmann verstehen,
der in der düsterschaurigen Waldschlucht unbekümmert fürbaß reitet, ob ihn gleich
Tod und Teufel umdräuen." Wir aber sehen in ihm nicht den Mann der
entschlossenen Thal, sondern (wie wir in unserem Kunstblatt 1879, S. 14 aus-
geführt haben,) den innerlich sehr im Gewissen gepackten, von ernsten Gedanken
an den Tod und an den, „der des Todes Gewalt" hat, den Teufel, ergriffenen
Mann des Faustrechts und des Raubrittertums, den der Fuchspelz am Spieße
hinreichend bezeichnet. Aus sehr moderner, um Gott und Teufel sich wenig küm-
mernden Zeit stammt diese Legende vom furchtlosen Ritter und sie erbt sich fort
so gut als „der höllische Dreizack" statt der wirklich von Dürer gezeichneten Mist-
gabel des apokalyptischen Reiters, der die Gefallenen in die Hölle räumt, wie
ein Stallknecht den Mist in die Grube. — Auch „die übrigen Maler der deutschen
Renaissance," „die Bildnerkunst der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts" und
„der Renaissancestil im Kunsthandwerk," „der bürgerliche Renaissancebau" sind
durch sehr schöne Holzschnitte nnd Autotypien beleuchtet. Bon den Renaissance-
Kirchen ist nur die Jesuitenkirche in Köln und die Michaels-Hoskirche in München
hervorgehoben. Die Bildnereikunst und Malerei in der zweiten Hälfte des 16.
und im Beginn des 17. Jahrhunderts schlechtweg als Verfall deutscher Kunst
zu bezeichnen, erklärt H. Knackfuß füglich für eine Ungerechtigkeit. Er meint,
wenn der Jammer des dreißigjährigen Krieges nicht gekommen wäre, so hätte die
Knnst in Deutschland so gut wie die niederländische die Übergangsstufe der Nach-
ahmung der Italiener überwinden und zur Natur zurückkehren können. Der große
Krieg aber, so schwer er zn Zeiten auf einzelnen Landen lastete und so viel er
zerstört hat, ist doch in anderen Gegenden wenig füblbar geworden und er dürfte
weniger unserem Kunstvermögen geschadet haben, als die nun von den Höfen aus
betriebene Ausländern, namentlich Französelei, an der wir noch immer kranken.
Unter dem Gesamttitel „Die späteren Stilwandlungen der neuzeitlichen
Kuust" faßt H. Knackfuß das Zeitalter des dreißigjährigen Kriegs, das Barock
und Rokoko zusammen. Nachdem S. 313 letzteres mit einem Prachtschnörkel
abgethan ist, zeigt der Herr Verfasser, wie durch die Versuche einer Rückkehr zur
klassischen Kunst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sich eine Kunst-
umwälzung vorbereitet. Mit berechtigter Ausführlichkeit wird als größter deut-
scher Künstler der Zopfzeit der im kleinen so große Chodowieki geschildert. Dann
führt die fünfte Abteilung „die Neuerer des ausgehenden 18. Jahrhunderts,"
zuerst die Bildhauer Schadow und Dannecker mit ihren Hauptwerken vor. Der
Christus in der Hospitalkirche zu Stuttgart aber ist nicht, wie S. 368 zu lesen,
„ein anderer" als der in Regensburg, sondern das von Dannecker dorthin ge-
stiftete Modell für letzteren. Daun die Maler Carstens, Koch, Wächter, Schick,
Tischbein, Rahl. In der sechsten Abteilung ist „das 19. Jahrhundert" ge-
 
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