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8. Bartholomäus: „ich glaube au dm heiligen Geist" rc. Über das
aufgeschlagene Buch hinweg blickt er auf die drunten versammelte Gemeinde hinab:
will er prüfen, ob sie dem Bilde der Kirche entspreche, wie sie als ans dem
Geist geboren sein soll? So klar und klug, so schulmeisterlich überlegen, wie er
Joh. 1, 46 dem Philippus entgegentritt, und doch väterlich mild, steht dieser
geistvolle Kopf über der Gemeinde. Hier wirkt der Geist, der in alle Wahrheit
leitet. Und was der Gemeinde neben aller Weisheit not thut an innerlicher
Kraft, die aus sündigen Menschen eine Gemeinde der Heiligen heranzieht, an
einschneidendem asketischem Ernst, das stellt sich dar unter dem folgenden Wort:
9. „Gemeinde der Heiligen." Die in sich geschlossene, fast herb zu nennende
Gestalt, deren Linke so fest den Schwertgrisf umspannt, möchte man für einen
Paulus ansprechen, wenn nicht die durch Judas Jscharioth entstehende Lücke am
Schluß durch Matthias (Apostelgesch. 1, 26) ausgefüllt wäre. So bleibt hier
nur Matthäus zu erwarten; und das Schwert, das erführt, kann der Legende
seines Todes entnommen sein. Leider sind Wange und Auge der rechten Gesichts-
hälfte verloren; doch wird sich der Gesamtausdruck aus dem Vorhandenen Her-
stellen lassen.
10. Simon: ein milder, ehrwürdiger Greis, der sich, vom Alter gebückt,
auf einen Spieß stützt. Von niemand lieber als solch väterlichem Bischof hört
und glaubt man das Wort: „Vergebung der Sünden."
11. Judas (Thaddäus) macht es am schwersten, seinen Ausdruck zu be-
stimmen uud mit dem Bekeuntnisstück „Auferstehung des Fleisches" in Beziehung
zu setzen. Je mehr wir uns bei den bisherigen Deutungen an das thatsächlich
Vorhandene, für jeden Wahrnehmbare gehalten zu haben meinen, desto bedenklicher
erscheint hier die Aufgabe. Will man es nicht für zu gewagt halten, so könnte
man in diesem Judas einen Mann sehen, der unter dem Eindruck einer über-
wältigenden Thatsache steht und sich noch nicht in dem Neuen zurecht gesunden
hat. Es ist etwas rein Passives, was man von ihm aussagen muß.
12. Matthias dagegen zeigt einen Kopf voll geistigen Lebens, nur daß
dieses ganz ein innerliches ist. In sein Buch versenkt wie Thomas, aber nicht
vor Geheimnissen, die ihm zu schaffen machen, sondern die er durchdringt, ist er
offenbar der Betrachtung des Zukünftigen und Ewigen voll Spannung und Sehn-
sucht zugekehrt. Der Mann hat die diesseitige Welt mit all ihren Schmerzen
und Enttäuschungen gründlich kennen gelernt; und seine Erfahrungen, von denen
man die Spuren auf seinem Gesicht zu lesen meint, haben ihm das Verlangen
geweckt nach „dem, das droben ist."
Wernicke in seiner vortrefflichen Abhandlung über „die bildliche Darstellung
des Glaubensbekenntnisses" (Ehr. Kunstblatt 1887 S. 28) hat sich dahin ge-
äußert, daß „kaum irgendwo der Versuch gemacht worden sei, die einzelnen Fi-
guren durch einen den von ihnen vertretenen Glaubenssätzen entsprechenden Aus-
druck charakteristisch von einander zu unterscheiden. Daß die hier in Rede stehenden
Apostelbilder charakteristisch unterschieden sind, springt sofort in die Augen: wir
haben den Versuch gewagt, ihr Gepräge mit dem Glaubensbekenntnis in Be-
ziehung zu setzen.
8. Bartholomäus: „ich glaube au dm heiligen Geist" rc. Über das
aufgeschlagene Buch hinweg blickt er auf die drunten versammelte Gemeinde hinab:
will er prüfen, ob sie dem Bilde der Kirche entspreche, wie sie als ans dem
Geist geboren sein soll? So klar und klug, so schulmeisterlich überlegen, wie er
Joh. 1, 46 dem Philippus entgegentritt, und doch väterlich mild, steht dieser
geistvolle Kopf über der Gemeinde. Hier wirkt der Geist, der in alle Wahrheit
leitet. Und was der Gemeinde neben aller Weisheit not thut an innerlicher
Kraft, die aus sündigen Menschen eine Gemeinde der Heiligen heranzieht, an
einschneidendem asketischem Ernst, das stellt sich dar unter dem folgenden Wort:
9. „Gemeinde der Heiligen." Die in sich geschlossene, fast herb zu nennende
Gestalt, deren Linke so fest den Schwertgrisf umspannt, möchte man für einen
Paulus ansprechen, wenn nicht die durch Judas Jscharioth entstehende Lücke am
Schluß durch Matthias (Apostelgesch. 1, 26) ausgefüllt wäre. So bleibt hier
nur Matthäus zu erwarten; und das Schwert, das erführt, kann der Legende
seines Todes entnommen sein. Leider sind Wange und Auge der rechten Gesichts-
hälfte verloren; doch wird sich der Gesamtausdruck aus dem Vorhandenen Her-
stellen lassen.
10. Simon: ein milder, ehrwürdiger Greis, der sich, vom Alter gebückt,
auf einen Spieß stützt. Von niemand lieber als solch väterlichem Bischof hört
und glaubt man das Wort: „Vergebung der Sünden."
11. Judas (Thaddäus) macht es am schwersten, seinen Ausdruck zu be-
stimmen uud mit dem Bekeuntnisstück „Auferstehung des Fleisches" in Beziehung
zu setzen. Je mehr wir uns bei den bisherigen Deutungen an das thatsächlich
Vorhandene, für jeden Wahrnehmbare gehalten zu haben meinen, desto bedenklicher
erscheint hier die Aufgabe. Will man es nicht für zu gewagt halten, so könnte
man in diesem Judas einen Mann sehen, der unter dem Eindruck einer über-
wältigenden Thatsache steht und sich noch nicht in dem Neuen zurecht gesunden
hat. Es ist etwas rein Passives, was man von ihm aussagen muß.
12. Matthias dagegen zeigt einen Kopf voll geistigen Lebens, nur daß
dieses ganz ein innerliches ist. In sein Buch versenkt wie Thomas, aber nicht
vor Geheimnissen, die ihm zu schaffen machen, sondern die er durchdringt, ist er
offenbar der Betrachtung des Zukünftigen und Ewigen voll Spannung und Sehn-
sucht zugekehrt. Der Mann hat die diesseitige Welt mit all ihren Schmerzen
und Enttäuschungen gründlich kennen gelernt; und seine Erfahrungen, von denen
man die Spuren auf seinem Gesicht zu lesen meint, haben ihm das Verlangen
geweckt nach „dem, das droben ist."
Wernicke in seiner vortrefflichen Abhandlung über „die bildliche Darstellung
des Glaubensbekenntnisses" (Ehr. Kunstblatt 1887 S. 28) hat sich dahin ge-
äußert, daß „kaum irgendwo der Versuch gemacht worden sei, die einzelnen Fi-
guren durch einen den von ihnen vertretenen Glaubenssätzen entsprechenden Aus-
druck charakteristisch von einander zu unterscheiden. Daß die hier in Rede stehenden
Apostelbilder charakteristisch unterschieden sind, springt sofort in die Augen: wir
haben den Versuch gewagt, ihr Gepräge mit dem Glaubensbekenntnis in Be-
ziehung zu setzen.