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möglich gemacht hätte. Indes soll dies unsrem großen Dank gegen die Verfasser,
die sonst alles so eingehend und gründlich behandelt haben, keinen Eintrag thun.
Chronik.
Die Frühjahrsausstellung der Secession in München ist mit über dreihundert Ge-
mälden eröffnet worden. Daß fie doch noch zu stände kam, ist wohl der Grund, daß die Früh-
jahrsausstellung in Stuttgart nur schwach beschickt wurde. Auf religiösem Gebiet ist das einzige
neue Bild v. Uhdes „Die heiligen drei Könige;" eine wirkliche Überraschung für den Kenner
Uhde'scher Kunst nach Auffassung und Farbbehandlung. Der Künstler schildert diesmal nicht
biblische Geschichte, nicht Legende, dem Bilde fehlt der sonst an Uhde gewohnte gedankenhafte Ernst,
es ist ein anmutiges Märchen, das er uns erzählt. Die Eile und der Eifer, womit die Rößlein
aus dem düsteren Walde heraustraben, das andächtige Staunen der Reiter beim Anblick des Sterns,
vor allem die sternklare Nacht mit dein leuchtenden Gebirge und dem heimeligen Licht am Hütten-
fenster — das ist ebenso poetisch empfunden, als mit höchster künstlerischer Sicherheit hingeschrieben.
Die Farben sind auch ganz anders als sonst: man glaubt einen späteren Venezianer vor sich zu
haben. Wunderbar ist der Märchenton getroffen: die Versetzung in eine nicht wirkliche, aber
schöne, lebensvolle und poetische Welt. Hier haben wir auch das Bindeglied mit der bisherigen
Kunst v. Uhdes: stets handelt es sich bei ihm um die Versetzung in eine nichtwirkliche Welt,
dort des „Glaubens," hier der Phantasie. Man kann an dem Bild seine ungestörte Freude haben,
nur muß man vergessen, daß es ein biblischer Gegenstand ist, der dargestellt wurde. Der Künstler
wollte diesmal nicht religiös sein. Man spürt aber freilich auch, was' die religiöse Kunst macht:
daß der Künstler den Beschauer vor wirkliche Thatsachen stellt, vor eine Wirklichkeit^ höher als
die der empirischen Welt, ebenso real, ja noch unendlich realer als diese. I. M.
Inhalt: Zur kirchlichen Festzeit. Mit Abbildung. — Ein mittelalterliches Symbol der Drei-
einigkeit. Von A. Klemm, Backnang. — Eine merkwürdige Glockeninschrist. Von
vr. P. I. Meier, Braunschweig. Mit Abbildung. — Londoner Kunsteindrücke. Von
Alfred Bach. — Das Münster in Bern in seiner Vollendung. Von A. Klemm, Back-
nang. (Schluß.) — Chronik.
Verantwortliche Redaktion: Oberkonsistorialrat vr. Johs. Merz in Stuttgart.
Druck und Verlag von I. F. Zteinkopf in Stuttgart.
Anzeigen.
Anzeigen kosten die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf.
möglich gemacht hätte. Indes soll dies unsrem großen Dank gegen die Verfasser,
die sonst alles so eingehend und gründlich behandelt haben, keinen Eintrag thun.
Chronik.
Die Frühjahrsausstellung der Secession in München ist mit über dreihundert Ge-
mälden eröffnet worden. Daß fie doch noch zu stände kam, ist wohl der Grund, daß die Früh-
jahrsausstellung in Stuttgart nur schwach beschickt wurde. Auf religiösem Gebiet ist das einzige
neue Bild v. Uhdes „Die heiligen drei Könige;" eine wirkliche Überraschung für den Kenner
Uhde'scher Kunst nach Auffassung und Farbbehandlung. Der Künstler schildert diesmal nicht
biblische Geschichte, nicht Legende, dem Bilde fehlt der sonst an Uhde gewohnte gedankenhafte Ernst,
es ist ein anmutiges Märchen, das er uns erzählt. Die Eile und der Eifer, womit die Rößlein
aus dem düsteren Walde heraustraben, das andächtige Staunen der Reiter beim Anblick des Sterns,
vor allem die sternklare Nacht mit dein leuchtenden Gebirge und dem heimeligen Licht am Hütten-
fenster — das ist ebenso poetisch empfunden, als mit höchster künstlerischer Sicherheit hingeschrieben.
Die Farben sind auch ganz anders als sonst: man glaubt einen späteren Venezianer vor sich zu
haben. Wunderbar ist der Märchenton getroffen: die Versetzung in eine nicht wirkliche, aber
schöne, lebensvolle und poetische Welt. Hier haben wir auch das Bindeglied mit der bisherigen
Kunst v. Uhdes: stets handelt es sich bei ihm um die Versetzung in eine nichtwirkliche Welt,
dort des „Glaubens," hier der Phantasie. Man kann an dem Bild seine ungestörte Freude haben,
nur muß man vergessen, daß es ein biblischer Gegenstand ist, der dargestellt wurde. Der Künstler
wollte diesmal nicht religiös sein. Man spürt aber freilich auch, was' die religiöse Kunst macht:
daß der Künstler den Beschauer vor wirkliche Thatsachen stellt, vor eine Wirklichkeit^ höher als
die der empirischen Welt, ebenso real, ja noch unendlich realer als diese. I. M.
Inhalt: Zur kirchlichen Festzeit. Mit Abbildung. — Ein mittelalterliches Symbol der Drei-
einigkeit. Von A. Klemm, Backnang. — Eine merkwürdige Glockeninschrist. Von
vr. P. I. Meier, Braunschweig. Mit Abbildung. — Londoner Kunsteindrücke. Von
Alfred Bach. — Das Münster in Bern in seiner Vollendung. Von A. Klemm, Back-
nang. (Schluß.) — Chronik.
Verantwortliche Redaktion: Oberkonsistorialrat vr. Johs. Merz in Stuttgart.
Druck und Verlag von I. F. Zteinkopf in Stuttgart.
Anzeigen.
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