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Christliches Kunstblatt für Kirche, schule und Haus

Nr. i

1911: Dritte Tagung für kirchliche Volkskunst (Saarbrücken).
vierte Tagung für kirchliche Volkskunst (Hannover).
Fünfte Tagung für kirchliche Volkskunst (Braunschweig).
1913 ist vorgesehen München (August).
1913 hoffen wir durch eine Tagung in Darmstadt bei uns in Hessen noch besser
Loden fassen zu können.
Doch ich eile voraus. Mir wollten als Grundlage für die weiteren Aus-
führungen das Verhältnis von Kunst und Religion auf eine kurze Formel zu bringen
suchen. Ts ist Tatsache, daß die Kunst durch den Bruch mit der Religion an
Volkstümlichkeit verloren und von ihrer Jahrtausende alten Höhenlage (vgl. Ägypten,
Griechenland, Secento) gesunken ist. Ts ist aber auch nicht minder Tatsache, daß
die Religion mit der Kunst eines der wertvollsten Mirkungsmittel aus der Hand
gegeben hat. Ist ein Lund zwischen Kunst und Religion heute noch möglich, so
werden wir das Geschlecht unserer Tage nicht vor die Mahl zu stellen brauchen:
Kunst oder Religion. Und wer diesen Bund bejaht und in seiner pastoralen
Praxis die Konsequenzen aus dieser Bejahung zieht, der kann ein gutes Gewissen
haben in dem Gedanken, dazu beigetragen zu haben, daß diese breite ästhetische
Bewegung, die nicht auf Deutschland beschränkt ist, sondern alle Kulturvölker er-
saßt hat, nicht gefährlich wird. So wie draußen in der Mission, stehen wir also
in der heimatlichen Christenheit auch auf diesem Gebiet in entscheidenden Zeiten.
Professor Meber in Ienaff scheint mir doch eine große Berechtigung zu haben zu
seiner „ganz persönlichen Ansicht", diese Bewegung habe den Zweck, die Menschheit
zunächst einmal von dem geisttötenden, unglücklich machenden Materialismus zu
befreien, aus dem im Grunde alles große Unglück unserer Tage herrührt. An-
gesichts der stündigen Zunahme des Atheismus trotz alles predigens scheine der
Kunst in unserer Zeit die große Aufgabe zugewiesen zu sein, der Seele wieder
zu ihrem Rechte zu verhelfen. Ist auch der Kunst wie der Religion das Reich
der Erhebung gemeinsam, so muß doch festgehalten werden: „Die Kunst erhebt
nur in ein Reich der Phantasie, wo es sich um genußreiche Beschauung handelt,
die Religion aber in die Melt der sittlichen Tat". Vie Kunstbewegung ist so für
unsere Zeit ein Vurchgangsstadium, die Führerin durch den gemeinsamen Vorhof
der Erhebung in das lichte Reich der Religion. Entschließt sich die Religion, die
ästhetische Bewegung als eine freie und freiwillige Gehilfin zu achten, ihr den
früheren großen und hohen Wirkungskreis wieder zu öffnen, sie in jeder Meise
zu unterstützen und zu lieben, dann kann sie in ihr den wertvollsten Bundesgenossen
haben, ihren wirkungsvollsten, wenn auch zur Zeit noch unbewußten Vorkämpfer,
tilt sie's nicht, so hat sie das nicht von ihr und wird die Folgen zu tragen haben.
Immerhin haben wir deutliche Anzeichen dafür, daß die kirchlichen Kreise die Stunde
erkannt haben, daß der Argwohn gegenüber der hübschen Maid der Kunst ver-
schwindet, ein Argwohn — das sei zugestanden — der gegenüber manchen Bock¬
ff vgl. seinen Vortragszyklus beim apologetischen Kursus in Berlin 1910, erschienen
bei Eugen Salzer (2 M. bezw. 3 M.)
 
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