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Nr. l
Christliches Kunstblatt für Kirche, schule und Haus
ii

Ls mutz etwas tief Entmutigender sein, was er dort drüben sieht. Er möchte
nicht mehr Hinsehen, es zieht ihn fort. Und doch kann er den Blick nicht los-
reißen,- es ist, als hielte ein Bann die riesenhaften Glieder, daß es ihm zu schwer
wird zu gehen.
Was ist es, das er sieht? Warum zögert er zu gehen? Wohin will er gehen?
Ls ist wohl nur eine Untwort möglich. Er will auf den Berg Uebo gehens
der Blick, den er über die Schulter wirft, ist sein letzter Blick auf das Volk
Israel.
Ls ist der Moses, der zum Sterben geht, den Michelangelo für das Grabmal
des Papstes Julius geschaffen hat. Eben will er sich erheben zum letzten Wege.
Uber noch einmal muß er das Uuge zurückwenden zu dem Volke, dem sein
ganzes Leben geweiht war. Ls ist lauter Schmerz, was dieser Unblick in ihm
aufrührt. Ls ist ein unverständiges, halsstarriges Volk. Sie haben nie etwas
anderes getan, als Gottes Willen zu widerstreben, vergrämt und verbittert
scheidet der k)eld von seinem Werke.
Nur ein Großer, der sich selbst einsam wußte unter einem Geschlecht von
Zwergen, konnte dieses Denkmal schaffen. Ls ist die ewige Tragödie des Genius,
die Michelangelo hier gestaltet hat.


Moses von Michelangelo.
 
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