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August 1914

Zechsundfünfzigster Jahrgang

Nr. 8


UWnstliches Anst-Aalt
WZ füMche, schule unb Haus

DW S Herausgegeben von
D-theol. David lstoch
W 0 erscheint monatlich in einem Heftzu Z2 bis 48
o Zeiten und enthält viele rextillustrationen, 1-2
farbige Kunstbeilagen und bisweilen Noten.
O M ^Eis für das Vierteljahr 2stlark. 2u bestehen
durch alle Postämter und Luchhandlungen.

Vrgsn des Sundes der freunde für Volkskunst

Das Ärgernis von Äuge und Hand, eine Schranke
für den Kunstgenuß.
Kus einer predigt von viakonus Werrich in Weimar.
Text: Matth. 5, 29. 30. vgl. Matth. t8, 8. 9.
nser heutiges Zchriftwort gehört zu den harten Worten, die der Herr
geredet hat. Das Rüge ausreißen, die Hand abhauen, wenn sie Ärgernis
bieten, das sind allerdings strenge Forderungen. Sie zwingen uns immer
wieder, die althergebrachte Vorstellung von dem lieben Heiland einer Revision
zu unterwerfen. Gewöhnlich denken wir ihn uns doch mit lang herabwallendem
Lockenhaar, mit sanften Rügen und freundlichen Worten. Nichts vermag seine
ruhige Erhabenheit zu stören. Er antwortet mit derselben Gelassenheit auf die
gehässigen Anschuldigungen seiner Feinde, wenn sie ihn einen Zabbatschänder und
Gotteslästerer heißen, wie er der freundlichen Einladung ins Haus der Schwestern
Maria und Martha Folge zusagt. Vas alles mag zum Teil richtig sein, aber
doch nur zum Teil. Denn daß dieselben Rügen, die so freundlich zu blicken
pflegten, auch einmal Zornesblitze zu schleudern verstanden, und daß dieselben
Hände, die sich so liebreich auf das Haupt der kleinen Rindlein legten, auch einmal
die Faust ballen und im heiligen Eifer die Geißel ergreifen konnten, das steht
auch fest. Und das gehört zum wahren Bilde des Heilands. Er ist streng,
unerbittlich streng und kennt keine Nachsicht, wo er die Menschen auffordert,
ihm nachzufolgen. „Laß die Toten ihre Toten begraben," sagt er zu dem
Jüngling, der ihm nachfolgen will, aber vorher seinen Vater bestatten möchte.
„Wer die Hand an den Pflug legt und flehet zurück, der ist nicht geschickt zum
Reiche Gottes," spricht er zu dem andern, der vor der endgültigen Trennung
vom Hause noch einen Abschied mit seinen Freunden feiern möchte. — So sind
auch unsere heutigen Worte voll unerbittlicher Strenge. Was dem Menschen
ein Ärgernis auf seinem Weg in das Gottesreich darbieten kann, das muß un-
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