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Grund syntaktischer Beobachtungen (Anm. 162). Bauer hält die An-
nahme eines zwanzigjährigen Zwischenraums zwischen Kehr, und Roh
für möglich (er datiert die Kehr, „um 1148“), obgleich viele gegen die
Verfassereinheit ins Feld geführten Gründe dadurch abgeschwächt
werden. Die Datierung des Roh um 1170 hält er für „sehr wahrschein-
lich“. Maurer gibt eine Übersicht der Polemik über die Verfasserfrage
und unterstützt Lintzels Zeitansetzungen für beide Gedichte. Auf der
anderen Seite finden neuerdings die Schröderschen Ansichten hinsicht-
lich der Kehr, und des Rol. bei Julius Schwietering in seiner „Deut-
schen Dichtung des Mittelalters“ (S. 961?.) unbeschränkte Zustimmung
(Anm. 163). Interessant ist, daß Schwietering das Abbrechen der Kehr, mit
V. 17283 dem völligen Scheitern des zweiten Kreuzzugs zuschreibt (S. 96).

Der gegenwärtige Stand der Forschung wird auf dem Standpunkt
der neueren Ansichten von Scheunemann in Stammlers Verfasserlexikon
zur deutschen Literatur des Mittelalters (Anm. 164) dargestellt.

So sind wir in unserem Gang durch die Geschichte der Kaiser-
chronikforschung zur unmittelbaren Gegenwart gelangt. Nach der
langen Periode, in der die Ansichten Edward Schröders sich geltend
machten (Anm. 164), ist wieder Verwirrung in die Chronologie der
fmhd. Epik gekommen. Da die Kehr, die einzige der Dichtungen ist,
die man mit einiger Sicherheit zeitlich bestimmen kann, so soll es der
Zweck des zweiten Teiles dieser Arbeit sein, die verschiedenen im Laufe
der Forschung vorgebrachten Argumente zu untersuchen, damit fest-
gestellt wird, ob sie sich nicht eindeutig datieren läßt.

2. Kritische Sichtung und Zusammenfassung
der Forschungsergebnisse.

Worte, wie „Datierung“, „Abfassungszeit“ oder „Entstehungs-
zeit“ sind an sich wenig klare Ausdrücke und besonders wenn man sie
bei der zeitlichen Festlegung eines so großen Gedichts wie der Kehr,
gebraucht. Wir müssen also zuerst die Bezeichnungen genau bestimmen,
die bei der Besprechung der Datierungsfrage zu verwenden sind. Solche
Bezeichnungen müssen aber immer im Sinne des mittelalterlichen Mi-
lieus und nicht im streng modernen Sinn aufgefaßt werden.

Wir verstehen unter der Konzeption die Anfänge des Werkes von
dem Zeitpunkt an, wo der geistliche Verfasser den Einfall oder die Ver-
anlassung gehabt bzw. den Auftrag erhalten hat, ein Werk wie die Kehr,
zu schreiben, bis zu der Zeit, wo die erste Reinschrift stattfand.

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