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Anmerkungen.

/. Zur Literatur vgl. auch Potthast, S. 694, Ehrismann, LG II r, S. 267 und für die neue-
sten Angaben Scheunemann.

2. An dieser Stelle wird es interessieren, einen kurzen Überblick über die Nachwirkung
der Kehr, in der mhd. und der fnhd. Dichtung zu erhalten, zumal es in dieser Frage
bis jetzt noch an guten, der weiteren Forschung genügenden Darstellungen fehlt (vgl.
hierzu: Maßmann III an den unten angeführten Stellen; Schröder, S. 73, 41 ff.; Vogt,
LG3, S. 94; Ehrismann, LG II1, S. 284; Scheunemann, Sp. 746).

In den Jahrhunderten nach ihrer Veröffentlichung war die Kehr, in ihren verschie-
denen Fassungen eine beliebte Lektüre und eine bevorzugte Geschichtsquelle für viele
Schriftsteller. Die ziemlich große Anzahl von Hss. und Bruchstücken beweist, daß sie
weite Verbreitung gefunden hat, nicht nur in Bayern und Österreich, sondern auch in
Mittel- und Niederdeutschland. Das Werk scheint sofort bekannt und beliebt gewesen
zu sein, denn einige Bruchstücke werden paläographisch bald nach der Mitte des 12. Jh.
datiert, wobei allerdings die notwendige Ungenauigkeit paläographisch begründeter
Schätzungen beachtet werden muß. Die Geschichte von Constantin und Silvester in
der Chronik (KS) wurde einige Jahre nach ihrer Publikation herausgehoben und in
die Trierer Legendensammlung aufgenommen (vgl. Kraus, MG, Deutsche Chroniken 1
Trierer Silvester; Ehrismann, LG II1, S. 153). Der Pfaffe Konrad, der Dichter des
Rolandsliedes, hat, wie die neuere Forschung nachwies, in den Teilen seiner Arbeit, in
denen er seine Vorlage, die französische chanson de Roland, nicht übersetzt, die Kehr,
nicht nur für stoffliche Zusätze sondern auch für seinen Reim- und Formelschatz aus-
gebeutet. Die „Spielmannsdichtung“ des Königs Rother gehörte, wenigstens dem
sprachlichen Ausdruck nach, zu demselben Kreis, zu dem man die Kehr., das Alex-
anderlied, und das Rol. rechnet. Mehr läßt sich nicht sagen, denn eine Darstellung
der Beziehungen zwischen den Gedichten liegt nicht vor (vgl. Scherer, ZfdA. 18 [1875],
S. 303 f.; Schröder, S. 74, 35 ff. und S. 440, 22; Ehrismann, LG II 1, S. 311; Schulze,
S. 16, dazu: Scheunemann, Sp. 873 u. 886). Über das Verhältnis der Kehr, zum Vorauer
Alexander gehen die Meinungen auseinander. Es ist aber nicht wahrscheinlich, daß der
Kaiserchronikdichter den Vorauer Alexander gekannt hat. Umgekehrt ist eine Kennt-
nis der Kehr, durch den Dichter des Vorauer Alexander bestritten, der Straßburger
Bearbeiter aber hat die Kehr, gekannt und benutzt. Darauf wird im Verlaufe meiner
Untersuchungen noch eingegangen werden.

Die Frage nach einer Benutzung der Kehr, durch den Dichter des Grafen Rudolf
ist noch nicht eingehend betrachtet worden. Ehrismann (LG II 2, S. 60) sieht eine
Ähnlichkeit zwischen den Kriegslisten im Rudolf (C,Cb; vgl. Kraus, Mhd. Übungs-
buch1, S. 5 8ff.), wo die geschorenen Frauen an die Zinnen gestellt werden, und den
VV. 14915 ff. der Kehr., in denen von Karls Mädchenheer erzählt wird, eine Erzählung,
die sehr beliebt war und heute noch lebt (vgl. hierzu: Wesle, Kehr, und Roh, S. 239;
Wilhelm, Strickers Karl, S. 268ff.; Singer, Willehalm, S. 42; derselbe: „Karl unter den
Weibern“ Schweiz. Arch. f. Volkskde. 22, S. 112—114). Ernst Schulze hat in seinem
Werk: „Wirkung und Verbreitung des deutschen Rolandsliedes“ (S. 23—28) Belege

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