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Hauptteil.

Die Datierung und die Entstehungsgeschichte der Kaiserchronik
im Spiegel der bisherigen Forschung.

i. Chronologische Überschau über die Forschungsarbeiten.

Die Gelehrten des 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts,
die sich mit der altdeutschen Dichtung beschäftigten und sich durch
ihre Werke und Abschriften von älteren Hss. in vielen Fällen sehr große
Verdienste um die deutsche Philologie erworben haben, sind anschei-
nend nicht zu der Kehr, gekommen. Es kann sein, daß einige unter
ihnen das Werk doch gekannt haben (Anm. 4). In den „Scriptores Re-
rum Austriacarum“ Band III, S. 7, Vorrede, nimmt der Herausgeber
Hieronymus Pez Bezug auf Vers 14 ff. der Ottokarschen Reimchronik
und vermutet, daß das dort erwähnte Kaiserbuch Ottokars (Anm. j)
identisch sei mit einer Pergamenthandschrift der Wiener Hofbiblio-
thek, die ihm im Jahre 1722 von Gentilotto, dem damaligen Bibliotheks-
direktor, zur Verfügung gestellt worden wäre. Es ist immerhin mög-
lich, daß diese Hs. eine Kaiserchronik bringt und identisch ist mit der
von Schröder bezeichneten Hs. 27 (Anm. 6).

Auch Gottsched hat die Kaiserchronik gekannt. In einer am 5. Sep-
tember 1754 gehaltenen Rede vor der Gesellschaft der freien Künste
zu Leipzig (Anm. /) berichtet er über ein „altes deutsches Landrecht“,
das er im vorigen Jahr bei einem Besuch in Wolfenbüttel angesehen und
das er nach seiner Rückkehr nach Leipzig im Winter 1753/54 abge-
schrieben habe. Die Hs. war die bekannte Wolfenbütteier Mischhand-
schrift 3, die einen Auszug aus der Prosaauflösung der Chronik mit
häufiger Einstreuung von Versen, ein großes Stück der Verschronik
(Rezensionen A und C) und das Landrecht des Schwabenspiegels ent-
hält (Anm. 8). Da die Chroniken mit dem Landrecht zusammen-
gebunden sind und diesem zur Einleitung dienen, glaubt Gottsched das
Landrecht datieren zu können, wenn er das Alter der Chroniken nach-
weist (S. 25). Er unterscheidet zwischen der „kurzen Chronik“, die
ihm Vorgelegen hat, und der ursprünglichen Fassung, die er die „große
Chronik“ nennt. Nicht nur die Prosa, sondern auch die Fassung in

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