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Debler, Werner [Hrsg.]; Aderbauer, Herbert [Bearb.]
300 Jahre Dreifaltigkeitskapelle in Schwäbisch Gmünd: 1693 - 1993; Geschichte und Geschichten — Schwäbisch Gmünd, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.42984#0102
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Das Dreifaltigkeitsfest früher und heute
Erinnerungen Gmünder Bürger an eine alte Tradition
Werner Debler

ch laufe oft auf der ehemaligen Bahntrasse Richtung Straß-
dorf spazieren, und wenn ich dann den steilen Weg zur
Dreifaltigkeitskapelle hinuntersteige, dann erinnere ich
mich immer an mein Haus, in dem ich früher gewohnt
habe, an die Petroleumlampen mit den Dochten - es gab
bei uns damals noch kein elektrisches Licht - , an den gro-
ßen Beerengarten vor dem Knechtehaus und an den Brun-
nentrog, aus dem das Vieh das kalte, klare Wasser trank
und in dem wir als Kinder immer von unseren Eltern geba-
det und mit der Wurzelbürste abgeschrubbt wurden, wenn
wir dreckig waren. Ich denke aber auch gerne an das Dreifaltigkeitsfest zurück. Meine
Brüder mußten jedes Jahr dafür schon am Vortag immer das Weihwasser vom Münster
holen. Seit ich mich erinnern kann, gibt es schon das Dreifaltigkeitsfest. Das war immer
einmalig.“
Die 76jährige Irmgard Strobel denkt auch heute noch gerne an frühere Zeiten zurück, als
sie noch unmittelbar neben der Dreifaltigkeitskapelle in einem der drei Häuser wohnte, die
Anfang der sechziger Jahre abgebrochen wurden. An diesem ersten Sonntag nach
Pfingsten fanden sich immer viele Besucher in der sonst beschaulichen und abseits der
belebten Straße nach Waldstetten gelegenen Kapelle ein, um der Hl. Dreifaltigkeit zu ge-
denken.
Im Laufe der letzten beiden Jahre habe ich 14 Gmünderinnen und Gmünder, die alle-
samt älter als 70 Jahre sind, nach ihren Erinnerungen über das Dreifaltigkeitsfest befragt.
Vieles haben die älteren Leute im Laufe der Zeit vergessen, aber Details, die sie bewußt
erlebt und die sie geprägt haben, können sie auch heute noch mit leuchtenden Augen und
bewegter Stimme erzählen.1
Besuch als „Pflicht“
Der 79jährige Erich Stegmaier, seit vielen Jahren Familienratsmitglied in der seit 1616
existierenden Balthasar-Debler-Stiftung und seit Jahrzehnten stolzer Gütlesbesitzer mit ei-
nem gemütlichen Gartenhäuschen, besuchte schon als siebenjähriger Junge das Dreifaltig-
keitsfest. „Ich wohnte früher immer mittags um halb zwei der Vesperandacht im Münster
bei. Der Pfarrer verkündete uns am Ende der Andacht, daß anschließend um halb drei bei
der Dreifaltigkeitskapelle noch eine Andacht stattfände. Da liefen danach dann viele, viele
Gläubige und auch der Pfarrer mit den Ministranten die von alten Eschen und Linden
flankierte Weißensteiner Straße zur Kapelle hinaus. Für die älteren Gmünder war es gera-
dezu Pflicht, an diesem Tag der Dreifaltigkeitskapelle einen Besuch abzustatten.“
„Dreifaltigkeit war früher ein Hochfest, da hat man bei uns zu Hause (auf dem Bau-


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