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Demmin, August
Handbuch der bildenden & gewerblichen Künste: geschichtliche, archäologische, biographische, chronologische, monogrammatische und technische Encyclopaedie der Baukunst, Bilderkunde, Bildhauerei, Buchbinderei, Buchdruckerei, Buchmalerei ... (Band 1): Encyclopädie der Schriften-, Bilder und Wappenkunde, Trachten, Geräthkunst, Gefässkunde, der bürgerlichen und kirchlichen Baukunst, Kriegsbaukunst und Schiffsbaukunst: mit über 1000 Abbildungen — Leipzig, [1877]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23810#0201
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Tracht der Mönche und Nonnen.

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einer besonderen, auszeichnenden Tracht. Aber schon 52g regelte
Benedict von Nursia bei Gründung des Klosters auf Monte Casino
die Tracht der Mönche in der Weise, dass sie aus einer längeren
Tunica, einer Gugel (lat.: cuculhis; frz.: cuculle, goule; engl.: cowl),
d. h. einem Schulterkragen mit Kapuze, also einer verkleinerten
paenula, und aus Füsslingen (latein.: pedules oder caligae) bestehen
sollte, wozu auf der Reise noch die femoralia, d. h. eine Art
Schenkelhose, kam. Ganz kurze Zeit nach Benedict's Tod ver-
einigte man die tunica mit dem cucullus, und so entstand die Kutte,
jener lange, von oben bis unten gleich weite, um die Hüfte ge-
gürtete, Rock mit weiten Aermeln und angenähter Kapuze, welcher
aber erst seit 1428 wirklich erlaubtes Kleidungsstück ist.

Das Scapulier oder Scapulare (von scapula, Schulter) war anfangs
ein der Tunica ähnlicher, geschlossener Ueberrock, aber kürzer als
jener und mit weiten Armschlitzen statt der Aermel. Später, da
die Mönche sich desselben besonders bei körperlich anstrengender
Arbeit in Feld und Werkstatt bedienten, wurde es an beiden Seiten
ganz aufgeschlitzt und dann wieder durch mehrere Knöpfe, mit
Belassung vieler Armlöcher, verbunden; seit dem 12. Jahrhundert
aber wurden die solchergestalt entstandenen Vorder- und Rücken-
streifen nur noch an jeder Seite durch ein einziges Querband zu-
sammengehalten. Seit dem Heiligen Simon Stock auf seinem Sterbe-
bett 1265 die Jungfrau Maria ein wunderthätiges Scapulier über-
reichte, trugen viele Abergläubige kleine Scapuliere, d. h. zwei vier-
eckige Stückchen geweihten Stoffes, durch zwei Bänder verbunden,
so dass eines der Stückchen auf dem Rücken, das andere auf der
Brust hing, als Amulet. Nachdem 1428 endlich die Kutte mit daran
genähter Gugel die Genehmigung erlangt hatte, begannen bereits
zu Ende des 15. Jahrhunderts die Geistlichen Gefallen daran zu
finden, die Kapuze nicht mehr an der Kutte zu befestigen, sondern
nur an einen Kragen genäht über der Kutte zu tragen. Dieser
Kragen mit Kapuze hiess nun Mozzetta, woraus unser ,,Mütze" ent-
standen ist. Die Mozzetta wird noch heute von Bischöfen und
Chorherren getragen.

Die Nonnentracht war anfangs von der Mönchstracht kaum
unterschieden, ausser im Schnitt des Unterkleides, das aber auch
hier, obgleich Frauenkleid, bis in's 13. Jahrhundert nur in der
Hüfte gegürtet ward. Erst zu dieser Zeit wurde der Unterschied
merklich, indem die Frauen den Obertheil zu einem getrennten,
faconnirten Leibchen gestalteten, so dass nur der Untertheil faltig
blieb, der von nun ab Rock (roc) hiess. Das bis dahin von den
Nonnen ebenfalls getragene Scapulier wurde nun kürzer. Als Kopf-
bedeckung hatte bis dahin auch den Nonnen das sogenannte Ge-
bende gedient, welches anfangs aus einem steifen Band von der
Breite einer Frauenhand bestand, das Kinn und Wangen umschloss,
und zu welchem später noch eine Kopfbinde kam, welche wie ein
Reif, oder, wenn sie oben geschlossen war, wie ein flaches Barret
den Kopf umschloss und durch jenes Band gehalten wurde. Im
14. Jahrhundert etwa schrumpfte das Scapulier, welches namentlich

Demmin, Handbuch der bildenden u. gewerbl. Künste. I. Bd. 13
 
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