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Demmin, August
Handbuch der bildenden & gewerblichen Künste: geschichtliche, archäologische, biographische, chronologische, monogrammatische und technische Encyclopaedie der Baukunst, Bilderkunde, Bildhauerei, Buchbinderei, Buchdruckerei, Buchmalerei ... (Band 1): Encyclopädie der Schriften-, Bilder und Wappenkunde, Trachten, Geräthkunst, Gefässkunde, der bürgerlichen und kirchlichen Baukunst, Kriegsbaukunst und Schiffsbaukunst: mit über 1000 Abbildungen — Leipzig, [1877]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23810#0376
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Schiffsbaukunst.

Der Einbaum, von den Römern monöxylus, bei den nord-
amerikanischen Indianern auch Pirogge, Proa genannt, dieser erste
naive Versuch zu Herstellung eines Wasserfahrzeugs, somit die
erste Leistung auf dem Gebiet der Schiffsbaukunst, hat sich auch
bei den Ausgrabungen der schweizerischen Pfahlbauten, sowie
an den Ufern des Rheins, ferner bei uralten Wohnstätten Italiens
und Irlands (hier in den Packwerksbauten, crannoges, d. h. künstliche
Inseln) vielfach gefunden. Sie sind jetzt noch auf den Seeen Ober-
bayerns und der Schweiz in Gebrauch, und Hannibal kaufte, als er
seinen Zug über die Alpen begann, schon die zahlreichen Einbäume
von den Anwohnern der Rhone; ebenso weiss man es aus einem
Beschluss des Pariser Parlaments, dass 1262 die Uferbewohner der
Oise sich dieser, bekanntlich aus ausgehöhlten Stämmen bestehenden,
Kähne bedienten.

Höchst wahrscheinlich war das erste zur Küstenschifffahrt im
Meer bestimmte Fahrzeug bei dem Erwachen des Bedürfnisses nach
Tauschhandel, ebenso bei solchen Völkern, die genügende Bildung
hatten, um Waaren zu erzeugen, das Floss; denn der Gedanke,
mehrere Baumstämme zu verbinden, um sich von der Woge tragen
zu lassen, zeugt schon von einem Fortschritt der Gesittung.

Fast bei allen bekannten gebildeten Völkern, selbst des
höchsten Alterthums, trifft man schon das wirkliche Schiff. Frei-
lich haben die alten Amerikaner uns als einziges Zeugniss nur
eine Wandmalerei in den Ruinen von Chichen-Itza in Yukatan
hinterlassen, von dem weiterhin eine Abbildung sich findet. Sie
stellt ein grosses, schwerfälliges Schiff ohne alle Bemastung mit
Verdeck dar, dessen Spiegel und Schnabel hoch aufragen und
viereckig geformt sind. Dennoch war das Segelwerk diesem Volk be-
kannt, denn Columbus begegnete bei seiner Landung einem grossen,
von Eingeborenen bemanntem und bedientem, Segelschiff. Auch
die Aegypter haben seit dem höchsten Alterthum Schiffe gebaut,
und wenn Moses um 1600 v. Chr., kurz vor seinem Tod, von Flotten
und Schiffen spricht, so meint er sicher die ägyptischen. Das
ägyptische Kriegsschiff auf einem Basrelief in Theben, welches
weiter unten abgebildet ist, beweist, Avie sehr die Schiffsbaukunst
Aegyptens schon um 1600 v. Chr. unter der 15. Dynastie aus-
gebildet war, obgleich erst Rhamses II. (Sesostris) um 1500 v. Chr.
 
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