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Demmin, August
Handbuch der bildenden & gewerblichen Künste: geschichtliche, archäologische, biographische, chronologische, monogrammatische und technische Encyclopaedie der Baukunst, Bilderkunde, Bildhauerei, Buchbinderei, Buchdruckerei, Buchmalerei ... (Band 1): Encyclopädie der Schriften-, Bilder und Wappenkunde, Trachten, Geräthkunst, Gefässkunde, der bürgerlichen und kirchlichen Baukunst, Kriegsbaukunst und Schiffsbaukunst: mit über 1000 Abbildungen — Leipzig, [1877]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23810#0300
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Kriegsbaukunst.

Die Einrichtung von Zufluchtsstätten gegen die Uebermacht
eines offen hervordrängenden, gegen die Einfälle eines heimlich
herzuschleichenden Feindes bildet die Aufgabe der Kriegsbaukunst.
Die Lehre von der Vertheidigung wie die von der Belagerung
haben beide zur Grundlage die Befestigungen, welche man in feste,
bleibende oder Platzbefestigungen, und in flüchtige, auf Zeit er-
richtete, auch vorübergehende oder Feldbefestigungen genannt,
theilt. Kriegsvölker, welche die ersteren vertheidigen, Festungs-
truppen, bilden eine Besatzung und sind meist Belagerte; Kämpfer,
welche Feldbefestigungen benutzen, sind meist Belagerer und heissen
eingelegte Truppen, frz.: troupes retranchees.

Die Kriegsbaukunst hielt fast gleichen Schritt mit der bürger-
lichen und kirchlichen Baukunst. Kaum hatten die Menschen an-
gefangen in Gruppen geeinigt das Land zu bebauen, Wohnungen
und Anbetungsstätten einzurichten, als schon andere, trägere und
abenteuerlichere herzukamen, um jenen die Früchte ihrer Arbeit
zu entreissen. Da es sich bald zeigen musste, dass die zu Abwehr
solcher Angriffe errichteten Verpfählungen und Wälle sammt
Gräben, Einschnitten etc. für eine Anzahl kleinerer Besitzthümer
im Vergleich zu ihrer Aufgabe zu viel Mühe kosteten und schwer
zu halten waren, so schlössen sich die Bedrohten in grösseren
Gruppen aneinander und es entstanden umfassendere Einhegungen.
In dem durch die grössere Sicherheit gehobenen Gefühl der Stärke
griffen nun die also Geschützten ihrerseits jene Abenteurer an
und suchten sie aus der Gegend zu vertreiben; nun verschanzten
auch diese sich inmitten der Wälder und Sümpfe. Aber auch
zwischen benachbarten Gruppen der Sesshaften kamen Besitz-
streitigkeiten vor und führten zu Errichtung von Grenzwällen, so
dass schon in frühester Zeit, selbst auf ziemlich tiefer Stufe der Ge-
sittung sich drei Arten der Befestigung unterscheiden lassen: die
ausgedehnten Ringwälle in bebautem Land, als Ahnen der Städte-
befestigung; die kleineren Wallringe in Wald, Sumpf und Gebirge,
als Vorläufer der Raubburgen, und die Grenzwälle, z. B. bei Ger-
manen und Skandinaviern, als Vorfahren der Landesmauern. —Wenn
schon die Assyrer, die auch eine Landesmauer errichteten, in der Aus-
führung dieser Bauten vielUebung hatten, so sollten die Römer doch
die Ersten sein, welche dieselbe wissenschaftlich durchbildeten. — Das
umfassendste aller Befestigungswerke ist jedenfalls die Landesmauer
von China, deren einzelne Theile, schon im 4. Jahrhundert v. Chr.
begonnen, um 214 n. Chr. zu einer ununterbrochenen Strecke ver-
 
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