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Demmin, August
Handbuch der bildenden & gewerblichen Künste: geschichtliche, archäologische, biographische, chronologische, monogrammatische und technische Encyclopaedie der Baukunst, Bilderkunde, Bildhauerei, Buchbinderei, Buchdruckerei, Buchmalerei ... (Band 1): Encyclopädie der Schriften-, Bilder und Wappenkunde, Trachten, Geräthkunst, Gefässkunde, der bürgerlichen und kirchlichen Baukunst, Kriegsbaukunst und Schiffsbaukunst: mit über 1000 Abbildungen — Leipzig, [1877]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23810#0252
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244 Erster Theil. Geistliche Trachten, kirchliche Geräthe, Gefässe etc.

Glocken, Messglöckchen, Glockenräder und Glockenspiele.

Die kleinen Glocken, auch Klingeln, Schellen etc. (tintinnabula,.
cymbala) genannt, waren schon den Hebräern, Aegyptern und
Römern bekannt, werden als kirchliches Geräth zuerst im 6. Jahrh.
unter dem Namen signum erwähnt (vergl. S. 212); ihre Geschichte,
sowie Abbildungen von Glocken und Glockeninschriften finden sich
in dem Vierten Theil, Abschnitt über Erzgiesserei, Glockenguss und
Verwandtes, während die Glockenspiele in dem Abschnitt über Uhren
behandelt werden. — Hier sei nur hinzugefügt, dass die Glocken
schon im 8. Jahrhundert nach bestimmtem Ritus geweiht und dabei
oft mit Namen belegt wurden, und dass sie schon im 9. Jahrhundert
allgemein eingeführt waren. Neben den Thurmglocken oder Haupt-
glocken, deren jede Pfarrkirche zwei, jede Stiftskirche drei, jede
Kathedrale sechs mindestens haben sollte, gab es noch eine Bei-
glocke (secundüla) für Begräbnisse etc., in Klöstern eine Morgen-
glocke, eine Speiseglocke etc. Ueber dem Hochaltar, oft im Vierungs-
thurm, hing die Chorglocke, auch Sanctusglocke oder Messglocke
genannt (frz.: satntc clochette; engl.: sancte bell, saints-bell, mass-bell;
lat.: campana sancti-sanctoruni), womit die Signale für den Chordienst
gegeben werden und welche bei der Consecration geläutet wird,
wohl zu unterscheiden von dem Messglöckchen (frz.: sonnette d'eu-
charistie, engl.: sacring-bell, lat.: campanula ad eucharistiam); letztere
dient zu Signalisirung der Aufhebung der Hostie, fordert zum
Niederknieen auf und ist meist ein Handglöckchen, eine Schelle
oder Klingel (frz.: sonnette, engl.: hand-bell, lat.: squilla, campanula
manualis), also eine kleine Glocke mit Handhabe; in gothischer Zeit
vereinte man oft drei und mehr Klingeln an gemeinsamer Hand-
habe und stimmte sie in Dreiklang. Diese Klinsen oder Clinsen,
in welchen oft unter einer durchbrochenen Halbkugel von Metall
vier, sechs etc. Klingeln hängen, sind für Privatmessen an Seiten-
altären noch in Gebrauch, während sie für den Fronaltar, d. h. Hoch-
altar, im 16. Jahrh. durch ein an der Wand hängendes Messglöckchen
verdrängt wurden, das häufig und gern durch ein Glockenrad er-
setzt ward. — Handglöckchen aus dem frühen Mittelalter sind selten;
doch besitzt das Seminar in Rheims ein Exemplar, durchbrochen,
in Bronze gearbeitet und reich symbolisch verziert, aus dem 12. Jahr-
hundert. In Dreiklang gestimmte Klinsen finden sich zahlreich in
fast allen grösseren katholischen Kirchen Deutschlands.

Die Cr esseile (frz.: crecelle, quer cer eile, grtte; engl.: rattle; lat..:
crepitaculum, crecella, agiosiderum, agiosymandrum etc.) ist eine Klapper
von Holz oder Eisen, welche in den letzten Tagen der Charwoche,
während die Glocken schweigen (nach Rom zur Glockenweihe
wandern), an deren Stelle ertönt.

Das Glockenrad (frz.: roue a cloches, roue-carillon; latein.: rota
campanarum, nolarum circulus) diente, wie erwähnt, zum Signalisiren
der Wandelung bei der Conventmesse; in Italien ist es noch viel-
fach in Gebrauch, hat aber selten die in Figur 709 dargestellte
 
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