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Demmin, August
Handbuch der bildenden & gewerblichen Künste: geschichtliche, archäologische, biographische, chronologische, monogrammatische und technische Encyclopaedie der Baukunst, Bilderkunde, Bildhauerei, Buchbinderei, Buchdruckerei, Buchmalerei ... (Band 1): Encyclopädie der Schriften-, Bilder und Wappenkunde, Trachten, Geräthkunst, Gefässkunde, der bürgerlichen und kirchlichen Baukunst, Kriegsbaukunst und Schiffsbaukunst: mit über 1000 Abbildungen — Leipzig, [1877]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23810#0303
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Römische Befestigungen.

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Figur 746.

mehrere Gebäude umfassten, hiessen bürgt, und die nur ein hohes
Gebäude bildenden Wachtthürme oder Wartthürme hiessen turres.
Diese kleinen Befestigungen wurden zum Theil die Vorbilder der
Burgen. Aus dem Prätorium, der inmitten des Castrum errichteten
Wohnung des Befehlshabers, wurde in der Burg das Palatium.
Dem Theodosius verdankt man die Erfindung des gedeckten Wegs,
aber nicht die der Zinnen (merlons) mit ihren Zinnenlücken (franz.:
creneanx), wie Manche glauben. Solche Zinnenlücken oder Schiess-
scharten hatten vielmehr schon ebensowohl die Schlösser und
Stadtmauern der Assyrer, als die chinesischen Befestigungen, wie
sie der Leser auch an der später
folgenden Abbildung der doppel-
ten Stadtmauer von Herculanum
finden wird und wie sie auch
Pompeji besitzt. Die wohl er-
haltenen Trümmer des Castrum
von Jublains bei Laval an der
Mayenne (Neodunum der Römer)
zeigen fast noch alle Einzelheiten
eines befestigten Römerlagers.

Das oströmische Reich ver-
dankte den grössten Theil seiner
stolzen Befestigungen dem Ju-
stinian I. (527 — 565). Die von
ihm um sehr viele Städte gelegten
Umwallungen bestanden in zwei
gleichlaufenden Mauern von etwa
1,20 Meter Stärke auf durch-
schnittlich 6 Meter Höhe, bekrönt

31 11 t ., Römisches Brückchen mit Fallgatter, dessen Ketten

durch SChmale Zinnen mit engen manerkennt; nach einem alten Frescohild(V.Vegece).

Zinnenlücken und verstärkt durch

vorspringende Thürme, in ähnlichem Abstand wie bei den west-
römischen Befestigungen. Die Thore standen im rückliegenden *
Mauertheil. Ein breiter Graben umzog den Fuss der Aussenmauer.
Die bedeutendsten, noch vorhandenen, Beispiele von in eroberten
Ländern durch die Römer errichteten Befestigungen dieser Art
finden sich im Waadtland, in Saint-Triphon, zwischen Aigle und
Baix, wo sich ein schöner Thurm aus Quadern noch fast unverletzt
zu der Höhe von 18 Meter erhebt, dessen Mauern über 1 Meter
stark sind. Dieser Thurm erinnert an den von Iburg bei Baden-
Baden, welcher noch völlig besteht und vom Grund bis zu den
Zinnen 6 Meter misst. Ein anderer ähnlicher Thurm, aber acht-
eckig, ist der von Steinsberg im Grossherzogthum Baden. Die
Meinungen über den Ursprung dieser Thürme sind jedoch getheilt.
Einige wollen sie dem Mittelalter zuschreiben, was allerdings Manches
für sich hat, denn an mehreren derselben, wie in Saint Triphon,
deuten dahin die Armbrustschiessscharten (s. weiter unten), welche
freilich auch später eingebrochen sein können. Die Burgen Roth-,
Weiss- und Schwarz -Wasserstelz (castellum ad aquam) am Rhein
 
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