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Demmin, August
Handbuch der bildenden & gewerblichen Künste: geschichtliche, archäologische, biographische, chronologische, monogrammatische und technische Encyclopaedie der Baukunst, Bilderkunde, Bildhauerei, Buchbinderei, Buchdruckerei, Buchmalerei ... (Band 1): Encyclopädie der Schriften-, Bilder und Wappenkunde, Trachten, Geräthkunst, Gefässkunde, der bürgerlichen und kirchlichen Baukunst, Kriegsbaukunst und Schiffsbaukunst: mit über 1000 Abbildungen — Leipzig, [1877]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23810#0308
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Zweiter Theil. Allgemeines. Kriegsbaukunst.

haue hinzuweisen. Die alten Preussen deckten sich ebenfalls durch
derartige Gehege (Sepia arborum consectarum) gegen die Einfälle
des deutschen Ordens, so wie die Ungarn gegen asiatische An-
griffe. — „Das Land der Hunnen", sagt Theophilus von St. Gallen
bei der Erzählung der Thaten Karl's des Grossen, „war mit neun
Zäunen umgürtet, das heisst mit neun Hecken von Eichen-, Buchen-
und Fichtenstämmen, 20 Fuss breit." — In Schlesien war früher
die Grenze auch durch einen, eine viertel Meile breiten, Wald-
streifen, die „Preseka", geschlossen, wo wahrscheinlich das Gebück
eine Rolle gespielt hat. — S. 12 u. 293 ist schon bemerkt worden,
dass Alexander der Grosse (um 330 v. Chr.) bereits bei den Hyr-
kaniern Verhaue von lebendigen Hecken vorfand; dem ist hinzuzu-
fügen, dassStrabo auch berichtet, wie die Menapieren ihre Dörfer mit
nicht hohen, aber undurchdringlichen, dornigen Wäldern umgäben.

Von Einführung der Steinschleudern und anderer Werfzeuge
an bis zu dem Auftreten der Feuerwaffen bestand die Befestigung
der Ortschaften bei gebildeten Völkern fast ohne Ausnahme aus
dicken und hohen Mauern mit vorspringenden Thürmen von vier-
eckiger, achteckiger, runder oder auch unregelmässiger Form, von
welchen aus die Angreifenden in die Flanke genommen werden
konnten, und zu denen von innen aus Treppen führten. Der Ver-
theidiger, im Schutz der Zinnen (frz.: mcrlon, lat.: flimiae)dS), schoss
den Pfeil oder Kronbolzen seiner Armbrust, oder schleuderte irgend
ein „Gewurf" durch die Zinnenlücken oder andere zu diesem Behuf
angebrachte Oeffnungen. Als Stütze der gewöhnlich vorstehenden,
in Zwischenräumen durchbrochenen, Brüstung diente meist nur ein
breites, massiges Gesims, oder an dessen Stelle eine Reihe von
Kragsteinen, deren Zwischenräume über dem Thor fast immer, hie
und da auch auf die Länge ganzer Fronten, nicht mit Fussboden-
platten belegt waren, so dass man durch diese Oeffnungen Steine,
geschmolzenes Pech, siedendes Wasser etc. auf die Angreifenden
herabschütten konnte. Wenn nur zwei bis drei solcher Kragsteine
mit darauf gebauter Oeffnung vorstanden, so dass das Ganze einem
Erker ohne Fussboden glich, so hiess diese Vorrichtung eine Pech-
nase (frz.: assommoir, mächecouli oder mächecouli; engl.: machicooly
oder coilloii), eine Reihe derselben Pechnasenreihe (frz.: machicolation,
lat.: macJiicolamentum); grössere einzelne Pechnasen hiessen auch
frz. moucharaby. Während des ganzen Mittelalters waren, besonders
in nördlichen Ländern, die so bewehrten Wallg'änge mit ziegel-
bedeckten Holzdächern überbaut, wie solche sich in Nürnberg,
Naumburg, Eger etc. theilweise erhalten haben. Die so gebildeten
bedeckten Gerüste hiessen Hürden (frz.: hourd, hurdel; lat.: hurdum,
hur dictum), ebenso wie die ganz ähnlichen Zuschauerbühnen um
die Turnierplätze. Vor Einführung der Feuerwaffen waren sogar
die Pechnasen vielfach statt auf Steinen lediglich durch Vorstreckung
der Fussbodenbalken dieser Hürden oder durch Anbringung von
Klappläden in den Brüstungen derselben hergestellt, was manche

') Näheres über die Einzelheiten findet sich im Abschnitt über Gothik.
 
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