Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 121 —

VI.

Schlussergebnisse.

DieSigismunduskapelle ist ein merkwürdiges künstlerisches
Denkmal, von dem man sagen könnte, es besitze ein Janus-
antlitz, denn es blickt zurück nach der Formenwelt Italiens
und hat auch seinen gewichtigen Anteil an der Weiterent-
wicklung dieser Formen auf nordischem Boden wie schon
seine Krakauer Nachahmungen (z. B. in der Dominikaner-
kirche) überzeugend beweisen.

Die Verhältnisse des Grundrisses der Kapelle erzählen
nicht in der erwünschten Klarheit von der künstlerischen
Abstammung ihres Erbauers. Wir suchen die Vorstufe für
die Bauanlage, so meint A. Lauterbach1), am besten im flo-
rentinisch-römischen Cinquecento. Ich weiss nicht, ob er
dabei an Bramantes Klassizismus der Spätzeit dachte. Jeden-
falls sieht er im Grundriss gewisse Formengedanken auf-
tauchen, die in einem schroffen Widerstreit zur Renaissance-
dekoration stehen: so wäre also die Renaissancedekoration
älteren, der Grundriss jüngeren Charakters! Wollte Lauter-
bach sagen, dass der lichtbringende Tambour wie auch die
Kuppel mit der Laterne über dieser, allerdings sehr ins kleine
übersetzt, ihn an St. Peters Dom erinnert?

Wer aber die Geschichte des Zentralbaues vom Pantheon
bis zum Pariser Invalidendom und zur Superga bei Turin
befragt, erkennt in den Grundrissformen der einzelnen
Denkmäler ebensoviel äusserliche Aehnlichkeiten wie gleich-
zeitig grundverschiedene Gedankengänge.

Wertvoller wird in unserem Falle weniger der Nachweis
völlig gleicher Behandlung der Anordnung und der Formen

1) a. a. 0. S. 52.
 
Annotationen