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Meine Kindheit am Rhein.

1845-1857.

m rechten Ufer des Rheines zwischen Lahn und Sieg erhebt
sich das waldreiche, zum Teil rauhe Hochland des Wester-
waldes. Auf ihm liegt, fünf Stunden vom Rheintale entfernt,
und noch ehe dessen mildere Lüfte sich fühlbar machen in welt-
entrückter Linsamkeit, die erst in den letzten Iahrzehnten durch
Erbauung der immer noch über eine Stunde entfernten Wester-
cialdbahn sich zu beleben beginnt, das kleine und arme Dorf
Oberdreis, wo ich am 7. Ianuar 1845 geboren wurde. Ein Arzt
war bei diesem sehr leicht und glücklich verlaufenden Ereignisse
nicht zugegen: die Hebamme, welche Veistand leistete, mußte aus
dem schon jenseits der Landesgrenze im Herzogtum Nassau ge-
leg men Dorfe Roßbach geholt werden. Oberdreis als Kirchdorf
bildet mit dem nördlich gelegenen sehr armen Dorfe Lautzert
und mit den abwärts in dem westlichen Tale schon einer milderen
Luft und etwas größeren Wohlstandes sich erfreuenden Dörfern
Dendert und Hilgert eine Nfarrgemeinde evangelisch-unierten Be-
kenntnisses, welcher mein Vc.' er von 1844 bis 1884 vierzig Iahre
und fünf Monate als Pastor vorgestanden hat. Wie mein Vater
der Seelsorger, ebenso und noch mehr war meine Mutter während
dieses langen Zeitraumes. eine wahre Seelsorgerin der Gemeinde,
immer bereit, den Notleidenden mit Rat, Trost und Lätiger Hilfe
beizustehen. Inniger noch als mein Vater war sie mit allen Ver-
hältnifsen des Kirchspiels vertraut und hat je später um so mehr
neben der Sorge für Haus und Familie auch einen großen Teil
der Pastoratsgeschäfte mit Umsicht und bestem Erfolge verwaltet.

Deussen, Mein Leben. 1
 
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