Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
349

erlegen. Ich sah sie in den nächsten Tagen auf blumengeschmückter
Brchre, und die alle andern zurückdrängende Empfindung war,
datz die Freundin nun doch nicht mehr zu leiden habe. Was ich
an ihr verloren hatte, das war mir vom ersten Augenblick an
so klar wie es mir noch Heute ist. Der Sarg wurde in dem
schönen Konzertsaal ihres Palazzos vor der Orgel aufgebahrt,
eine unübersehbare Menge von Blumen, ^ränzen und Girlanden
umgaben ihn, und am Sonnabend, dem 12., nachmittags 3 Uhr
fand die Trauerfeier statt, bei welcher ich auf Wunsch der Frau
vr. Mond vor einer illustren Versammlung, in Gegenwart des
Fürsten Bülow und seiner Gemahlin, des englischen Gesandten,
der Gemahlin des französischen Eesandten und vieler andern
Würdenträger, nach einem Präludium der Orgel die Gedächtnis-
rede hielt, in der ich, anknüpfend an eine Vedastelle, ihr segens-
reiches Wirken nach so vielen Seiten, ihre Liebe zu Kunst und
Wissenschaft, ihr stets bereites Eingreifen, wo es galt, die Not
der Leidenden und Armen zu lindern, gebührend hervorhob.
Nach mir sprachen noch der alte, eisgraue Senator Blaserna,
Professor Cubone, Erzellenz Harnack (namens der Kaiser-Wilhelm-
Stiftung), der Eraf Perrone (im Namen ihrer Angestellten)
und der Bürgermeister von Rom.

Jn einem langen Zuge von Automobilen geleiteten wir den
Sarg nach dem entfernten 5lrematorium, wo am Montag, dem
14., die Einüscherung sich vollzog, nach deren Beendigung wir uns
im engsten Kreise eingefunden hatten, um der Aufnahme der Asche
in einer Urne beizuwohnen, welche später aus dem Protestantischen
Friedhose neben der Pyramide des Cestius beigesetzt wurde. Am
19. April trat ich meine Heimreise an, welche mich mit Aufent-
halt in Pisa, Mailand, Zürich, Frankfurt und Hamburg nach
Kiel zurückführte.

Für den Herbst dieses Jahres hatte ich zugesagt, in Salz-
burg bei den Hochschulferialkursen nebst der mir zustehendeck
Rektoratsrede sechs Vorträge über Jndien zu halten, eine Auf-
gabe, welche mir viele Freude machte und viele Freunde gewann,
unter welchen ich nur Hermann Bahr, mit dem ich wiederholte
lange Spaziergänge unternahm, und Regierungsrat vr. Franz
Huemer nennen möchte. Ich fuhr über Linz nach Wien zu, wo ich
 
Annotationen