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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 10.1893

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Bucher, K.: Etwas Geschichtliches von Grüningen im Oberamt Riedlingen
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Entdeckte Wandgemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.15868#0028

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bis 1832; 25) Marti» .Heyberger, Pfarrer und Kamerer
1833 bis 30. Dezember l855; 26) Anton Wirth, Pfarrer
1856 — 1859 (einige Zeit Schulinspektor); 27) Michael
Ha über, geb. 25. Januar 1827 zu Stödtlen, OA. Ellwangen,
Pfarrer hier seit Mai 1860.
Von hiesigen Bürgersöhnen widmeten sich dem Priester-
stande: n. Joseph Buck, ausgeweiht 1803; d. Joh. Georg
Stehle, geb. 1775; c. Engelbert Stehle, geb. 1821;
cl. Matthias Stauß, geb. 1840; seit 1864 Vikar, Kaplan,
Schulinspektor und Kamerer in Nottweil, sohin bald 30 Jahre
an ein und demselben Orte seit der Priesterweihe angestellt.

Entdeckte Wandgemälde.
Die in den letzten Jahren in Württemberg entdeckten
Wandgemälde haben wieder höchst wertvolle und kräftige Lichter
ans die Geschichte der Kunstentwicklung unserer Vorzeit ge-
worfen, in manchem sogar ganz neue Anschauungen gegeben;
und zwar gehen dieselben vom Anfang bis zum Niedergang
des Mittelalters. In Burgfelden, OA. Balingen, auf jener
900 Meter hohen, von Felsabstürzen umkränzteu Bergiusel,
von der gegen Westen, durch einen langen, kaum zwei Schritt
breiten Sattel verbunden, der gewaltige Felsklotz der jetzt in
weiten Trümmern liegenden Schalksbnrg hinaustritt, sollte das
uralte Michaelskirchlein, Baufälligkeit halber, abgetragen wer-
den, als eben noch Baurat Stahl Spuren von Malereien
an der Nord-, Ost- und Südwand entdeckte. — Dieselben
stellten sich bei näherer Untersuchung als die interessantesten
der bis jetzt in unserem Land entdeckten Wandgemälde her-
aus: sie stammen nämlich, wie das ganze mit einem Ostturm
versehene Kirchlein, aus dem Anfang des elften Jahrhunderts,
habe» die größte Aehnlicbkeit mit den vor wenigen Jahren in
der St. Georgskirche zu Oberzell auf der Insel Reichenau
entdeckten Wandgemälde», über welche die Großherzogliche
badische Negierung ein eigenes Prachtwerk heransgegeben hat
(Freiburg i. B. 1884) und welche bis jetzt die einzigen aus
dieser frühen Zeit in Deutschland erhalten gebliebenen ge-
wesen sind. Dieselben werden mit Recht etwa in das Jahr
lOOO gesetzt und haben uns mit einem Schlag über die erste
und hohe Blüte der deutschen Malerei vor der sogenannten
romanischen aufgeklärt. Das Hauptbild auf der Reichenau
stellt Christus als Weltrichter in der Mandorla vor, von
Engeln umschwebt; zu seiten sitzen die zwölf Apostel und
unten steigen in kleinerem Maßstab die Toten aus den Grä-
bern hervor, lieber dem Gemälde zieht sich ein breites viel-
faches und vielfarbiges Mäanderband hin. Das Hauptbild in
Burgfelden hat in der Mitte dieselbe Darstellung des thro-
nenden Weltrichters in der Mandorla, auch von Engeln um-
schwebt. Daun aber erscheinen zu seiten des Erlösers die
eigentlichen Sceuen des Weltgerichts, Abführung der Seligen
ins Paradies, der Verdammten in die Hölle. Unten wieder
in kleinerem Maßstab die Auferstehung der Toten, oben das
breite Mäanderband. Wie in Reichenau, ist die Zeichnung
flüssig und graziös in scharfen rotbraunen Umrissen ausgeführt
und sind die Freskofarben zart und schimmernd aufgetragen.
Der Stil ist noch ganz der altchristliche, antike, klar und leb-
haft; keine Spur von byzantinischer Starrheit und Trocken-
heit. So viel wir wissen, ist diese Darstellung des jüngsten
Gerichts die früheste von allen überhaupt vorhandenen; an
Kraft und Kühnheit der Komposition stellt sie diejenige in
Reichenau weit in Schatten. Von dem ruhigen und groß-
artigen Mittelpunkt des Bildes, der strengen Gestalt des

Weltrichters, entwickelt sich zu beiden Seiten ein reichbewegtes
vielverschlungenes und doch klar zu überschauendes Leben.
Aehnlich reichbewegt sind die znm Teil noch nicht g..nz auf-
geklärten Darstellungen an der Nord- und Südwand des
Kirchleins, besonders jener merkwürdige Neiterkampf im Walde
und das Auftreten des hl. Michael mit dem Drachen. Der
Sage nach soll der hl. Michael in der Burgfelder Kirche be-
graben sein. — Auch die Bauart des Kirchleins erregt unser
Interesse in hohem Grad. Die Mauern sind höchst sorgfältig
aus feiugeschnittenen kleinen Tuffstein- oder Krebsscherenkalk-
quadern zusammengesetzt und zeigen an den Innenwänden
der Kirche regelmäßig verteilt hart gebrannte cylindrische Töpfe
aus dunkelgrauem Thon; die Böden derselben stecken innen
und in jeden: ist ein Kreuz eingepreßt. Der Turm hat zwei
Reiheu jetzt wieder geöffneter Rundbogenarkaden mit äußerst
dünnen Würfelknaufsäulchen und weit vorlangenden Aufsätzen
darüber, ganz in der primitiven Art, wie an der Kirche zu
Oberzell auf der Reichenau.
In die Zeit sofort nach der romanischen versetzen uns
sodann die beim Abbruch der Kirche zu Liebenzell, OA. Calw,
zum Vorschein gekommenen Wandmalereien, welche durch
Paul Haaga ausgenommen und zum Teil von den Wänden
abgelöst worden sind, um in der K. Staatssammlung vater-
ländischer Altertümer wieder ihre Aufstellung zu finden. Es
ist ein weiter Schritt von diesen Burgfelder Malereien bis zu
den, von der Hirsauer Schule abhängigen in Liebenzell; aber
es ist eher ein Schritt rückwärts; doch der hohe Ernst ist
geblieben. Dagegen zeigen die umfangreichen Wand- und
Deckenmalereien in der Kilianskirche (Friedhofkirche) bei
Mundelsheim, OA. Marbach, aus dem Jahre 1455, eine
wunderbare Vereinigung von Strenge und Weichheit in der
Zeichnung, wie in der Farbengebung. Die großen am Chor-
gewölbe thronenden Kirchenväter erinnern an die edelsten ähn-
lichen Gestalten der gleichzeitigen oder etwas früheren italieni-
schen (toskanischen) Kunst. Im Schiff der Kirche zeigt sich
aus etwas späterer Zeit ein reicher Cyklns von Wandgemälden,
die heilige Geschichte in rechteckigen Feldern darstellend.
Bei der Restauration und dem Umbau der Stadtkirche
zu Böblingen wurde sodann an einer der Schildwände des
Chors eine spätgotische Wandmalerei aufgedeckt, die schon den
freien und sprühenden Geist Albrecht Dürers zu atmen scheint.
Gott Vater hält den Sohn im Schoße, beide von der Man-
dorla umschlossen, die von schwellenden Engeln gehalten wird.
Unten stehen Propheten. In das Ausklingen der gotischen
Kunst, schein in enger Berührung mit der vom Süden herauf-
dringenden Renaissance, versetzen uns die erst kürzlich in der
Klosterkirche zu Heiligkreuzthal bei Riedlingen entdeckten Wand-
uud Deckenmalereien (um 1535). Die Lebens-, Formen-
und Farbenfreudigkeit der Renaissance wird hier noch zart
überhaucht von dein frommen Sinn der früheren durch Jahr-
hunderte geheiligten kirchlichen 'Kunst. Weitere spätgotische
Wandmalereien wurden neuerdings entdeckt in Altburg, OA.
Calw, in Pleidelsheim, OA. Marbach, und in Endingen,
OA. Balingen. — Es ist Sorge getragen, daß diese Kunst-
werke mit Hilfe des Landeskonservatoriums au Ort und
Stelle erhalten, oder wenn das nicht möglich ist, von den
Wänden abgenommen und in der Staatssammlung vater-
ländischer Altertümer in Stuttgart ausgestellt werden können.
Proben aus Burgfelden und Liebenzcll wird die demnächst er-
scheinende 28. Lieferung des Knustatlas zu den „Kunst- und
Aldertnmsdenkmälern im Königreich Württemberg" enthalten.
(Beil. „Staats-Anz.".)

Stuttgart, Buchdruckerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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