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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 10.1893

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Drangsale des Klosters Beuron im dreißigjährigen Krieg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15868#0092

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Durchzug kaiserlicher nud bayerischer Truppen. Den 1. Januar
zogen von Mailand her 500 Spanier zu Pferd und 1000
zu Fuß ins Elsaß gegen Mansfeld; den 14. März 1400
Reiter durch ein nahes Dorf; den 11. April gingen 1500
teils Reiter, teils Fußvolk wieder hier nach Bayern zurück.
Dieser Durchzüge wegen war unser Kloster, teils um größeres
Hebel abzuwenden, teils infolge unfreundlicher Nachbarschaft,
zu starken Kontributionen gezwungen. Ebenso verursachten
diese Märsche schon eine ungeheuere Teuerung. Den 6. Mai
zogen zur Unterstützung des Erzherzogs Leopold 500 Zigeuner
durch Benron ins Elsaß, denen 12 Gulden Sänftignngsgeld
gegeben wurden. Den 8. September war endlich unsere
Brücke wieder hergestellt.
1623. Den 5. März kamen 500 Soldaten in die
Gegend, um die Widerspenstigen im Wege der Exekution zum
Gehorsam zu bringen. Am 7. August stieg der Erzherzog
Leopold im Klostcrgebäude ab. Propst Johann wartete ihm
daselbst ans und suchte ihn durch die Gabe von 12 Säcken
Haber, einem Faß Elsässer und einer Menge Fleisch zu gewinnen.
1625 und 1626. Ungewitter und Mißwachs.
1629. Den 1. September ließ Kaiser Ferdinand II.
drei Regimenter durch unsere Nachbarschaft ins Württem-
bergische einrücken. Wir erhielten Befehl, an ein Regiment
von der Kollatischen Heeresabteilung 297 Pfund Fleisch,
2 Hämmel, 277 Pfund Brot, 10 Fässer Wein, Butter und
Haber abznliesern. Bald darauf war eine ebenso starke Liefe-
rung in ein anderes Lager geboten und dies zwar, aus Neid
der Nachbarschaft, die unser in Dürftigkeit versunkenes Stift
als reich bei dem Hauptmann v. B. verschrien hatte, wie er
selbst gestand.
1630. In diesem Jahr erging an die Bürger zu Mengen,
also auch an uns wegen unserer daselbst gelegenen Lehngüter
von dem Landtag zu Konstanz aus der Befehl, über die ge-
wöhnlichen Leistungen noch besonders 12 000 Gulden zu bezahlen.
1631 entschloß sich unser Propst in Erwägung des trau-
rigen Zustandes unseres mit Schulden beladenen Klosters,
das uns zngehörende Haus in Sigmaringen zu verkaufen.
Den 13. März verbaten wir uns bei den Kriegskommissären
in Engen die.unserem Kloster wegen des Durchmarsches von
6000 Spaniern angesagten Leistungen, indem wir ihnen den
trostlosen Zustand unseres Stiftes, das unsere Feinde fälsch-
lich für eine Abtei ausgaben, vorstellten, ferner daß wir keine
Dörfer und Unterthanen hätten, daß uns die vorjährigen
Lieferungen in Schwaben und Elsaß völlig ausgesogen und
stellten die Last unserer Schulden mit herzzerreißenden Worten
dar. .— Die Ernte war dies Jahr eine gesegnete. In Benron
selbst wurden über 30 000 Garben gesammelt, die jedoch bald
darauf von den Soldaten und ihren Pferden aufgezehrt wor-
den sind, indem die Schweden in das Herz von Deutschland
einbrachen.
1632. Schon im Juli streiften die Schweden in unserer
Nachbarschaft verheerend umher und der Propst mit den übrigen
Kanonikern hielt sich meistens in den Wäldern und Fels-
höhlen auf, bis endlich ein schwedischer Quartiermeister mit
18 Reitern ins Kloster eindrang und während seines Auf-
enthaltes bis zum 2. August alles unter und über sich kehrte.
Den 3. entfernten sich die Schweden, nachdem ihnen eine
Brandschatzung von 100 Reichsthalern bezahlt worden war,
nahmen aber alles mit, was zur Hand war. Den 19. Sept-
ember begab sich unser Propst nach Kreuzlingen in Sicher-
heit, nachdem er schon vorher 6 Wagen mit Wein hatte da-
hin bringen lassen, und verweilte dort bis zum 8. September

des folgenden Jahres, bis nämlich der schwedische Feldmarschall
Gustav Horn Konstanz zu belagern anfing. Alsdann zog er
sich, alle dahin geflüchteten Betten nnd Hausgeräte samt dem
Wein in Kreuzlingen lassend, von da nach Güttingen, dann
nach Rorschach, von da über den See bis Ueberljngen zurück
und wurde von da wieder zur Flucht nach Konstanz zurück
genötigt. Daselbst mußte er einige silberne Becher verkaufen.
Zu diesem Uebel kam noch ein größeres. Es wurde nämlich
unsere Scheuer in W. samt 1080 Zehentgarben von den
Kaiserlichen, sowie auch unsere Mühle an der Donau von
den Schweden in Asche gelegt. Jetzt erhielten auch unsere
Lehenbauern die Erlaubnis, Schulden zu machen, sowie wir
selbst uns den Gläubigern auf Gnade und Ungnade ergeben
mußten.
1633. Am Feste des hl. Dionysius ward auch Kreuz-
lingen, die Zufluchtstätte unserer Habseligkeiten, ein Raub der
Flammen, worin wir diese samt dem Weine einbüßten. Unser
Propst hielt sich meist in Sipplingen auf, die Kanoniker aber
da und dort in Dörfern, Höfen und Wäldern zerstreut.
1634. Um diese Zeit war unser Haus in Sipplingen
schon siebenmal geplündert und wurde bis auf den Grund
durch Feuer zerstört. Auch unseres Klosters ward nicht mehr
geschont; alles Vieh, alle Dinge waren schon das zweitemal
geraubt und alle Einwohner verließen die Jammerstätte. Am
Vorabende Laurenti zernichtete unsere schon reifen Früchte
ein ungestümer Hagel. Der notwendigsten Nahrung wegen
mußten wieder Schulden gemacht, ja sogar Saatfrüchte er-
kauft werden. Mit Recht klagte unser Vorsteher in seinem
Tagebuche: „Weh, weh unserem armen Kloster, o miserM
iniserinrum miserimn." Doch noch weniger schmerzte ihn dies
häusliche Unglück, als das bald darauf erfolgte Ausreißcn
von zwei Kanonikern ans seinem Kloster. Den 18. Novem-
ber nämlich warfen zwei nach lange abgelegter Profeß die
klösterliche Kleidung ab und gingen, nachdem der eine ein
Banernpferd gestohlen, zu den Soldaten über. Den 12. Dezem-
ber mußte einer der unserigen, der von den Schweden er-
wischt worden war, ausgelöst werden. Sv endete dieses Jahr
mit herbsten Bedrängnissen und Propst Johann dnrfte'gar wohl
von sich schreiben: <ZuLssivi Ironorem, et inveni ckolorem.
1635. Den Eingang dieses Jahres zeichnet die Ver-
wüstung der Wälder im Jägerholz und Hirschenthal, die
Zurückbehaltung unserer Weine nnd der Verlust des Klosters
Wonnethal auf eine traurige Art aus. Im Mai kam ein
Wachtmeister vom Wernerschen Regiment zu uns und nahm
die von den Jrendörfern zu uns geflüchteten Pferde mit sich
ins Lager. Bei Aufhebung desselben beordnete derselbe 12
Reiter hieher, um, weil er Mangel an Pferden hatte, unsere
Pferde nebst dem übrigen Vieh zu rauben. Dieser Befehl
wurde am Pfingstfest vollzogen — nachts 11 Uhr. Weil das
Kloster verriegelt war, stiegen sie über die Mauer am Stalle,
schlugen die Schlösser mit Steinen zusammen und öffneten die
Thüren mit Gewalt. Die Sicherheitswache, die wir erst vor
kurzem erhalte», erhob sich und griff zu den Gewehren. Die
Soldaten kehrten sich jedoch wenig daran, drangen geradewegs
in den Stall nnd zogen die Pferde hervor. Jetzt aber ertönte
die Sturmglocke; von beiden Seiten fielen Schüsse. Jene er-
griffen die Flucht und »ahmen außer den Pferden nichts mit.
Im Juni kamen wieder 20 Mann aus dem Standquartier
zu Ebingen, stiegen über die Mauern, brachen gewaltsam alle
Thüren des Klosters und der Behältnisse ein und schleppten,
was sie an Früchten, Mehl, Brot, Tuch u. s. w. vorfanden,
mit sich. (Schluß folgt.)

Stuttgart, Buchdruckerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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