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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 10.1893

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Mone, Fridegar: Kritik der Wappen der Minnesinger aus Schwaben, [4]: ein Beitrag zur Geschichte der christlichen Mystik in Schwaben und Alamannien
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Albrecht Dürer in Württemberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15868#0095

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Amt Klingenan den Nennen trug. Das Wappen des letztere»
ist ein stehender Engel mit Abtsstab. Klingen und Klingen-
münster, Kling bei Burghausen in Bayern, Clingen in Thü-
ringen und Clingendael beim Haag, Klingenberg am Main
sind bekannt, weniger hört man von dem Klingenteich bei
Heidelberg, dem Klingenberg bei Rnßheim, von dem Kloster
Klingenthal in Klein-Basel, von Clingenfeld und Klingenberg
am Neckar bei Heilbronn.
Die Klinge ist sowohl ein kleines, enges Thal, als auch
stde Oertlichkeit, welcher die Eigenschaften eines Defiles zu-
kommen. Das Wort bezeichnet nämlich ganz denselben mor-
phologischen Begriff in der Terrainlehre, für welchen die
Römer compenckinm gebrauchen, von welchem Worte be-
kanntlich Compiegne den Namen hat. In allegorischem Sinne
versteht man unter Klingenthal, Klingenfels, Klingenau den
engen Weg oder das Defile in der Wanderung im Thale
der Thronen, d. h. im menschlichen Leben oder auf der irdi-
schen Pilgerfahrt der Seele nach dem Berge des ewigen Be-
schallend, d. h. zu Gott und zu ihrer Heimat. Auf der ganzen
irdischen Wanderschaft befindet sich die menschliche Seele in
einem höchst gefährlichen Defile, wo sie täglich, ja stündlich
den Ueberfall und die Vernichtung durch den Teufel fürchten
muß. DaS ersehnte Ziel während diesem gefährlichen Marsche
ist für den Menschen der Berg, den er Klingenberg, oder
nach Wolfram von CschenbachS Parzival LlinLclrors sclrastsil
merveile (cke lrors der Klinge clläteau cte rnerveiile Wunder-
schloß, Zauberschloß hinter dem Engpässe) nennt. Es ist da-
her de» Anschauungen der Mystiker des Mittelalters ent-
sprechend, wenn mau ein Fraueukloster Kliugenthal nannte.
So hieß das Kloster des Donünikanerinnen-Ordens (früher
Hüsereu) au der Wehra, Nebenfluß des Rheins, welches der
Dichter Walter von Klingen gestiftet hat. Dasselbe wurde
nach Kleiu-Basel versetzt, behielt aber diesen Namen bei. Das
Wilhelmiter Kloster, welches derselbe Dichter vor dem Thore
des Städtchens Klingenau gründete, nannte er Sion und
wählte dort für sich und seine Ehefrau Sophia sei» Grab.
Daß die Benennung Syon (Zion) aus den Psalmen entlehnt
ist, bedarf keines Beweises (Ps. 50. lac 8ion — rit aecliti-
centur muri (ferusalem). Zion ist bei den Mystikern gleich-
bedeutend mit Jerusalem und bezeichnet allegorisch den status
^loriae oder auch Aratias der menschlichen Seele. Nach der
Vorstellung der Mystiker (Psalm 14), die sich bis heute er-
halten hat, baut der Mensch während seines irdischen Lebens
und seiner Pilgerfahrt im Thale der Zähren durch seine Tu-
genden sich eine Wohnstätte im Himmel. Diese Wohnung in
der Ewigkeit benannten die Mystiker nach den Psalmen in
verschiedener Weise Sion, Salem, Jerusalem, Cella Del,
blortus, ?orta Coeli, Villa pacis, Himmelspforte, und hier-
aus sind die Namen der Klöster Sion, Salem, Allerheiligen,
.Berg (wie Remigiusberg, Disibodenberg, Olsperg (lrortus
Oei), Gnadenberg, St. Guidoberg, GermanSberg) oder ... .thal
(wie Frauenthal, Seligenthal, Lichtenthal, Wonuenthal, Rosen-
thal, Gnadenthal, Günthersthal, Klingenthal) oder ....Au
(wie Marienau, Schönau, Klingenau) oder Marienport (portus
lAariae) entstanden.
(Fortsetzung folgt.)
Nlbrrcht Dürrr in Württemberg.
(Zur Aufklärung.)
Im Jahrgang 1887 der „Württ. Vierteljahrshefte" habe
ich unter obigem Titel eine Mitteilung gebracht, der zufolge
Albrecht Dürer im Jahr 1515 eine Reise durch Württemberg

gemacht haben soll und bei dieser Gelegenheit auch Stuttgart
berührt und auf seinem Weg durch den Schwarzwald an den
Oberrhein das Schloß Kaltenthal, Schloß Albeck bei Sulz
und die Ziusmühle bei Pfalzgrafenweiler in sein Skizzenbuch
gezeichnet habe. Ich folgte hier ganz den Ausführungen
Ephrussis in der Oarette des beaux-arts Jahrgang 1880,
welcher erstmals auf diese Zeichnungen aufmerksam ge-
macht hat.
Inzwischen ist über diese Zeichnungen eine ganze Litte-
ratnr augewachsen, die mir damals unbekannt war und ich
versäume deshalb nicht, an dieser Stelle davon Bericht zu er-
statten. Schon im Repertorium für Kunstwissenschaft IV.
1881 steht eine Besprechung des fraglichen Artikels von Eph-
ruisi, welche zwar die Reise Dürers und die Echtheit der
Zeichnungen aufrecht erhält, jedoch die daraus gefolgerten
Schlüsse, bezüglich eines zweite» Aufenthalts Dürerö in Basel
und Kolmar u. s. w. bezweifelt. Zunächst muß jedoch bemerkt
werden, daß das fragliche Skizzenblatt mit der Zeichnung der
Burg Kaltenthal und zwei anderen Burgen offenbar nicht als
Reisetagebuch anzusehen ist, sondern es sind landschaftliche
Studienblätter,' die von irgend einem Künstler zusammenge-
tragen worden sind. Auf der Vorderseite des angeführten
Blattes in Berlin sind nämlich 4 Burgen gezeichnet; die obere
in 2 verschiedenen Ansichten und bezeichnet als „Ramburg"
1514, unten „Namstein" und „Ortcnburg". Beide Burgen
in der Nähe von Schlettstadt in den Vogesen gelegen. Diese
Aufschriften können unmöglich von Dürers Hand herrühren;
wie schon Ephrussi bemerkt hat, stellt die crstere in 2 Ansichten
gegebene Burg nicht Namberg oder Baumburg, wie mau auch
lesen könnte, sondern das Schloß Ulrich bei Nappoltsweiler
dar, auch ist gewiß einleuchtend, daß Dürer, wenn inan die
Zahl 1514 gelten lassen will, nicht alle auf einem und dem-
selben Blatt dargestellteu Burgen auf der ihm angedichteten
Reise gezeichnet haben kann.
Es traten aber noch ganz andere Argumente dazu, welche
diese Reise Dürers und die Echtheit der Zeichnungen über-
haupt in Zweifel ziehen. W. von Seidlitz sagt anläßlich
seiner Besprechung (Repertorium für Kunstwissenschaft 1883)
von Ephrussis Schrift über die Dürerzeichnungen: (Paris
1882) „Ephrussi hat auf diese seine Entdeckung eine Menge
Scharfsinn gewendet, den wir leider für verloren halten, weil
uns scheint, daß er der erstell Grundlage entbehre, denn die
Berliner Zeichnung der schwäbischen Burgen, die wichtigste
der ganzen Reihe, trägt für uns weder in Schriftführung,
noch in der Art ihrer Bezeichnung irgend ein Merkmal an
sich, welches den Schluß an Dürer nahe legt."
In der großen Berliner Publikation über die Handzeich-
nungen DürerS ist im ersten Band (1883) das fragliche
Skizzenblatt in Lichtdruck publiziert; dort ist schon im Text
ein Zweifel über deren Zuweisung an Dürer ausgesprochen,
im II. Baude aber (1888) diese Vermutung mit Bestimmtheit
ausgesprochen, wohl infolge einer von dem bekannten Dürer-
forscher Thausing im Repertorium 1884 erschienenen Be-
sprechung des I. Bandes der Lippmannschcn Publikation, worin
es heißt: „dir. 43 und 44 sind originale Laudschaftsskizzeu
eines andern Meisters, wie schon die fremde, doch gleichzeitige
Schrift und das Datum auf den Blättern nachweist. Wie
kann man dem Betrachter der 3 andern echten Landschaften
im Bande znmuteu, diese beiden Dürer zuzuschreiben, der über-
dies 1515 mit der Ehrenpforte u. a. vollauf beschäftigt war
und sich nicht in Schwaben aufhielt."
Auch Lübke in seiner Besprechung des genannten Werks
in der „Allgemeinen Zeitung" von 1884 (Beilage Nr. 27)
 
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