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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 9.1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.13518#0264

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März zwischen dem unlängst uns entrissenen trefflichen Maler
Hippolyte Flandrin und mir über das köstliche Bild des
„Apollo und Marsyas" von Raphael, dessen beneidens-
werther Besitzer Sie sind, gewechselt wurden, bewahren möchte,
bezeuge ich, daß, nachdem ich den berühmten Künstle,, gefragt
hatte, ob er jenes Meisterstück gesehen habe und ob er die von
mir geschriebenen Aeußerungen billige, er mit voller Herzens-
Ergießung erwiderte, daß er ganz damit übereiustimme und mit
ausdrucksvoller Geberde, die Hand auf die Brust legend, hinzu-
fügte, daß jene von mir geschriebenen Worte ihn in sehr lebhaf-
ter Weise erregt hätten.

Dieses ist, was ich der Wahrheit zu Ehren bezeugen muß

Krüge aus dem Anfang

und was ich Sie ersuche, der interessanten Sammlung von Zeug-
nissen beizufügen, welche Sie über das nunmehr von ganz Europa*)
anerkannte Bild von Raphael zu machen im Begriff stehen, wäh-
rend ich mit ausgezeichneter Hochachtung verbleibe

Ihr ergebenster

Friedrich O verbeck.

Jene „Aeußerungen", auf die sich Overbeck bezieht,
sind in einem kurzen Schreiben vom 4. December 1860
enthalten, welches lautet:

*) Mit Ausnahme der Eingangs genannten „maaßgebenden"
kunstkritischen Autoritäten. D. R.

Nicht Namenszüge bedarf ich, noch Monogramme, nicht Ent-
würfe oder Studien zur Beglaubigung, daß es von Raphaels
Hand sei, dieses köstliche Bild, „Apollo und Marsyas"; er selber,
der jugendliche Meister, ruft mit unverkennbarer Stimme aus
seinem Werke der Welt zu: wie hier Apollo schon im Voraus
seines Sieges über Marsyas gewiß erscheint, so trägt nun bald
mein Genius mich hoch empor, um Alles zu besiegen, was in
der Kunst geleistet worden.

Friedrich Overbeck.

Aehnlich, aber mit noch drastischerer Kürze drückte sich
unser Altmeister Cornelius aus:

Wenn noch außer Raphael einer existirt hätte, ein solches

des 16. Jahrhunderts.

Werk zu schaffen, so wäre dieses das größte Glück für die
Kunst gewesen.

Rom, 27. Sept. 1860. vr. P. v. Cornelius.

Wenn nun schon diese Differenz in den Ansichten so
hochstehender Künstler gegen die Aussprüche unserer „ersten
kritischen Autoritäten" kurios genug ist, so scheint uns der
Umstand doch noch als eine viel größere Kuriosität, daß
die Herren von der kritischen Autorität darauf nicht eine
Silbe zu erwidern wisfen. Oder hüllen sie sich vielleicht,
selbst Cornelius, Overbeck, Flandrin gegenüber, in
den Mantel jener unnahbaren Würde, die jede Bertheidi-
gung entbehren kann? Hierzu eine Beilage.
 
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