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Dittmann, Lorenz; Ricardon, Jean [Hrsg.]
Jean Ricardon — [S.l.], 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29725#0039
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russische Konstruktivist Naum Gabo in seinem Buch ,,Of Divers Arts"
durchführt. Der Text Gabos zu der hier wiedergegebenen Abbildungs-
seite (Abb.18), die ein Bild Malewitschs, ,,Acht rote Rechtecke" von
etwa 1914, zusammenstellt mit dem Haupt eines Kirchenvaters, dem
Ausschnitt eines Freskos von 1363, ehemals in der Kirche der Him-
melfahrt Mariä in Nowgorod, lautet: ,,The nonobjective ideology pro-
claimed by the Suprematists in 1915 is the consequence of the rejec-
tion of Cubist experiments, but an art historian will not fail to see the
real and complete influence that the concepts of Russian art — of the
icons as well as of Vrubel — had on the mentality and conscious Vision
of that group of artists in Russia. — It is for future historians to study
the work of those artists and to learn how much the interchange of ide-
as among artists of different countries contributed to the resurgence of
what today we call the Contemporary visual consciousness.
Auch Ricardons Kunst reicht mit ihren Wurzeln weit in die Vergangen-
heit zurück, in eine von ihm für sich selbst entdeckte Vergangenheit.
Werke des reifen Stils
1967 entsteht das ,,Portrait de down" (30 x 37,8 cm, Abb.19), in
strenger Aufteilung der Bildfläche in sechs Horizontalstreifen, in die
von links her, in der unteren Bildhälfte, zwei unvollständige Streifen
eingreifen, und seitlicher Abschließung durch zwei unterschiedlich
breite Vertikalzonen. Die Mittelwaagrechte ist durch zartes Relief her-
vorgehoben. Der oberste Horizontalstreifen wird durch ein Vertikal-
band in zwei stehende Rechtecke gegliedert, in denen der dunkle,
durch offenen, unregelmäßigen Farbauftrag unruhig bewegte Bild-
grund in die Erscheinung tritt. Es sind die Augen, der fragende, su-
chende Blick des Clowns. Immer ist bei Ricardons Bildnissen die Au-
genpartie dunkel, meist ist sie unruhig bewegt, der Blick dringt aus der
Tiefe des Bildes hervor, im Blick öffnet sich das Antlitz, offenbaren sich
Geist und Seele des Menschen. Fast immer aber sind die Augen bei
Ricardon als suchende, bewegte dargestellt, nicht als selbstgewiß fixie-
rende. In der unteren Bildhälfte bezeichnet ein schrägstehender rechter
Winkel die Nasenpartie im Profil. Wie in kubistischen Bildnissen sind
auch hier Frontal- und Profilansicht ineinander projiziert, aber in einem,
dem kubistischen Verfahren gegenüber wesentlich einfacheren Schema

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