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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 1.1897-1898

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Unser Programm
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https://doi.org/10.11588/diglit.6384#0015
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BERNH. WENIG.

Unser Programm.

AS WIR WOLLEN, bringt der vorstehend abgedruckte »Aufruf« zum
Ausdruck: die Förderung einer mitten im Leben stehenden, vom Volke
getragenen, gesunden deutschen Kirnst. Das bedeutet Höchstes und
Schwerstes, wenn die Aufgabe ernst genommen wird; wir sind uns
dessen wohl bewusst, liegt doch darin nicht allein die Aufgabe, all jene
Künstler zu gemeinsamem Wirken zusammenzuscbliessen, bei denen
die Weiterentwickelung unserer Kunst ruht, sondern des weiteren auch
die Pflicht, auseinandergehenden Meinungen, soweit sie wohlbegründeter
Anschauung entspriessen, stets gleichmässig Rechnung zu tragen,
nirgends eine Unfehlbarkeit zu proklamiren, überall aber dem Ungeschmack, der künstlerischen
Phrase mit Offenheit zu begegnen. Es heisst vor Allem aber auch, der neuen Kunst eine Gemeinde
zu gewinnen, die für zeitgemässes Fortschreiten nicht nur Verständniss besitzt, sondern auch
dafür einzutreten im Stande ist. Noch haben wir es fast durchweg mit Ansätzen, mit Keimen
zu thun, nicht mit einer allerorts kräftig einsetzenden Entwicklung. Weisen auch diese
Ansätze überall auf einen gesunden Kern hin, so muss doch dafür gesorgt werden, dass gerade
diese erste Zeit des Wachsthums alle nur denkbare Förderung erfahre. Durchgedrungene Ideen
unterstützen, das ist kein wesentliches Verdienst, denn sie verhelfen sich naturgemäss selbst
zu ihrem Rechte.

Es lag nahe, an die Spitze unseres Unternehmens einen Namen zu stellen, der für sich
selbst ein Programm gewesen wäre. Wir haben diesen Weg nach reiflicher Erwägung nicht
betreten, denn nur allzuleicht entwickelt sich daraus, was das Schlimmste und Gefährlichste
für eine werdende Sache bildet: Allzustarkes Hervortreten eines Willens, einer Anschauung.
In einer Zeit des Gährens und Werdens, wo zukunftsvolle Kräfte noch keinen weithintönenden
Namen haben, und wo andererseits der Zwang zu kämpfen fast jeden Mitstreiter in eine ge-
wisse Einseitigkeit drängt, — ist sozusagen jeder Name von vornherein Partei. Wir aber
wollen mit möglichst freiem Blick auf Alles sehen. Zu diesem Zwecke haben wir uns mit
einer Anzahl bewährter Kräfte aus verschiedenen Lagern in engste Beziehungen gesetzt, sie
uns zu Berathern erkoren und hoffen von einem solchen Zusammenwirken das Beste. Der
Meinungs-Austausch sei frei, Jeder komme zu Worte! — Nur auf diese Weise ist Uebersichtlich-
keit über eine neue deutsche Kunst zu erlangen.

Sprechen wir dabei speziell von »deutscher Kunst«, so liegt es uns doch ferne, eine Art
von Deutschthümelei zu treiben, die den Blick nach aussen trübt und zu Ergebnissen führt, die
 
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