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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 1.1897-1898

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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.6384#0103
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Bücherschau.

79

BÜCHER5CHAU.

La Plante et ses Applications orna-
mentales. Sous la direction de M. Eugene
Grassel, Paris. Librairie des Beaux-Arts,
E. Levy, Editeur. — Zwölf Lieferungen zu
je sechs Blatt in farbigem Umschlage. Preis
96 Mark. — Die Idee, das allmählich
in nahezu abgenützten Formen sich
bewegende überkommene Orna-
mentwerk, durch das Studium der
eigentlichen Quelle allen Formen-
und Farbenreichthums, die Er-
scheinungen der Natur, neu zu be-
leben, ist älter, als man annehmen
möchte, die Zahl derer, die an Stelle
eines auswendig' gelernten »Kate-
chismus der Ornamentik« etwas
lebensfrisches und durchdachtes
setzen wollen, leider freilich noch
immer klein. Solange nicht die
Schule hier einsetzt und an Stelle
des ebenso unverständlichen wie
auch abgedroschenen Akanthus
Formen aus der heimischen Pflan-
zenwelt setzt, die mindestens ebenso
schön sind, so lange der stylisirte
Delphin und seine Genossen die
Oberhand haben gegenüber dem
unerschöpflichen Reichthum an
Thiergebilden unserer Fauna, die
blos zur Benützung herbeigezogen,
in der Erscheinung erfasst sein
wollen, um weit interessanter zu
wirken, als die nachgerade recht
langweilig werdenden Formen einer seichten
Renaissance, die gar nicht zu unserer Zeit
passt, so lange ferner der Vorlagen-Unfug
existirt, der freilich den Lehrer wesentlich
entlastet, und dafür nicht das Studium der
Naturform nach jeder Seite an dessen Stelle
gesetzt wird, ebenso lange werden Versuche,
wie sie im vorliegenden Werke gegeben
sind, nicht dem richtigen Verständnisse1 be-
gegnen. Nicht um eine Bereicherung des
Vorlagen-Schatzes handelt es sich im vor-
liegenden Falle, sondern um die Vorführung
der Art und Weise, wie aus der Naturform
sich die ornamentale Gestalt entwickelt. Die
Blätter sind nicht zum Kopiren, sondern zum

Studiren da. Sie wollen in ihrem Zusammen-
hange mit dem natürlichen Vorbild verstanden
sein und zeigen, auf welchem Wege das
charakteristische einer Erscheinung in eine
andere Erscheinung übergeführt werden kann,
insoweit sich der Charakter ebenso wie die
Zufälligkeit individueller Erscheinungen orna-

Buckdecke.

Entw.: Maler heinz wetzel—Frankfurt a. m.

mentaler Art überführen lässt, einerseits ohne
einen rein nachahmenden Ausdruck zu be-
kommen, anderseits ohne die Unverständlich-
keit einer zu weit gehenden stylistischen
Umgestaltung nach sich zu ziehen. Das
Werk will ganz einfach zeigen, in wie
reichem Maasse die Anregung zu neuen
Gebilden überall vorhanden ist, welche Un-
summe von dekorativen Möglichkeiten die
Pflanzenwelt bietet. Grasset sagt in dem
Vorworte: Alles verlangt danach, endlich
einmal an Stelle der Aeusserungen anderer
Zeit, die uns nichts neues mehr zu bieten
haben, etwas lebenskräftiges gesetzt zu sehen.
Der Lebenssaft der Renaissance hat durch
 
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