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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 1.1897-1898

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Endlich ein Umschwung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6384#0023
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Endlich ein Umschwung.

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direkte Vorbilderschatz der Vergangenheit, ist
erschöpft; Armuth der Erfindung, völliges Ver-
kennen der Ziele unserer Zeit sind die unaus-
bleiblichen Resultate geworden. Wir haben keine
Fortschritte gemacht, höchstens wurde nach
anderen »Anleihe-Stationen« Ausschau gehalten,
um, wenn Noth an Mann ging, das »Nach-
empfinden« anderswo als bei den alten Meistern
in Anwendung zu bringen. Es war das gleiche
Bild, das auch die Kunstausstellungen boten.
Diesen oder jenen fremden Künstler copiren
(nur nicht in seiner Originalität) das nannte
man schliesslich »Modern sein«.

Ein anderer Umstand kommt noch hinzu,
der das Kunstgewerbe unserer Tage im Ver-
gleiche zu früheren Glanzepochen wie ein
Aschenbrödel erscheinen lässt: Sein Verhältniss
zur sog. »hohen Kunst«. In Zeiten, wo
künstlerische Umgebung so viel wie Lebens-
bedingung war, sieht man alle dahin abzielenden
Bestrebungen auf's innigste unter einander ver-
knüpft. Eines greift ins andere. Von einem
Vorrange der Malerei beispielsweise war
nicht die Rede. Der Tempel, der öffentliche
Platz, das Wohnhaus des Alterthums sind im
Ganzen genommen künstlerische Erscheinungen,
ebenso wie die Kirche, das Rathhaus, der
Fürstensitz des Quattro- und Cinque-Cento
als ein Gefüge von Einzelleistungen zum ab-
gerundeten Gesammt-Kunstwerke werden. Man
schaute nicht den als Mäcen an, der in seinen
Räumen da und dort ein gutes Bild hängen hatte
und sich im Uebrigen der schön ausgestalteten
Umgebung seines Lebens wenig annahm. Auf
diesen Standpunkt ist erst unsere von Empor-
kömmlingen aller Art beherrschte Zeit herab-
gesunken. Mit dem schnellen Erwerb grosser
Reichthümer hält die innerliche Bildung des
Menschen selten Schritt. Unsere Plutokratie
gehört durchschnittlich, wird sie auf eigentliche
Bildung abgewogen, weit unter das Niveau der
Mittelmässigkeit. Daher die Sucht, den Mangel
an wirklich feinem Sinne durch auffällige Er-
werbungen, durch Bezahlung hoher Preise zu ver-
tuschen. Spricht man heute von einem Kunst-
freunde und Beschützer, so verbindet sich in
erster Linie der Begriff des Bilderbesitzes damit.
Damit ist die Malerei zu einer Höhe der Be-
deutung — nicht immer des Wesens — empor-
gestiegen, deren nachtheilige Folgen nicht

Wand- Teppich.

Entw. OTTO ECKMANN.

Münch
ausgeführt

euer Ausstellung
Scherrebeck.

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