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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 1.1897-1898

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Endlich ein Umschwung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6384#0029
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8

H. E. v. Berlepsch.

Eine in Paris erscheinende neue Zeitschrift
»Art et Decoration« müsste in Zukunft sich
wesentlich anders gestalten, sollte sie für Frank-
reich zum Träger des gleichen Einflusses werden,
den »Studio« in seinem Heimathlande längst

Schreibtisch. Miinchener Ausstellun

Mit beweglicher Kupferstichlaue und Rollen-Behalter, geschnitzt
Entwurf H. E. VON BERLEPSCH.

inne hat. Grasset hat zwar mit seinen Panneaux
decoratifs den Anfang zu einer eigentlichen
Volkskunst gemacht. Er ist wohl auch der
einzig Berufene, um die französische Bewegung
einem bestimmten Ziele entgegen zu führen,
denn in ihm steckt nicht blos der Maler, sondern
auch der Praktiker, andererseits ist er nicht blos
Praktiker sondern auch vielseitiger Künstler. An

Leuten solcher Art aber ist Mangel, denn nur
bildnerisches Können und praktisches Wissen im
Verein können zu wirklichen Resultaten in Sachen
der angewandten Kunst führen. Das Papier, die
Leinwand tragen jeden Entwurf geduldig. In
Sachen der wirklichen Ausführung
gestaltet sich manches anders.
In der Ausführbarkeit aber liegt
das eigentliche Lebenselement
der angewandten Kunst.

Wesentlich war freilich für
Frankreich der Umstand, dass
schon seit geraumer Zeit »les
arts decoratifs« in den Salons als
völlig gleichberechtigt mit Malerei
und Bildhauerei zur Geltung
kamen.

In Deutschland rührte sich
nichts, rein gar nichts. Die offi-
ziellen Schönredner sahen nichts
oder sie thaten wie der Vogel
Strauss und wollten nichts sehen.

Nun brachte der Sommer
1897 für Dresden und München
internationale Kunstausstellungen.
Sollten diese abermals verlaufen,
ohne dass auch nur im Ent-
ferntesten auf eine brennende
Zeitfrage Rücksicht genommen
wurde? Wäre es in München
auf die Vertreter der »hohen«
Kunst allein angekommen, so
hätte man die Sache abermals
todtge — schwiegen, denn das
gebot der Selbsterhaltungstrieb.

In Dresden war von Anfang
an die Herbeiziehung des »Kunst-
gewerbes« geplant, doch reflek-
tirte man hauptsächlich auf das
Ausland. Man war dort offenbar
weitsichtiger als in München, wo
die kleine Gruppe, die eine Be-
theiligung an der Ausstellung als wünschens-
werth anstrebte, so gut wie nur möglich an
die Wand gedrückt wurde.

»Giebt es denn überhaupt ein modernes
Kunstgewerbe«, soll eine der hervorragendsten
Persönlichkeiten ärgerlich gesagt haben, als das
Ersuchen um Ueberlassung von Räumen im
Glaspalaste immer und immer wieder gestellt

5 1897.

und bemalt
 
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